1.1 Entstehungsgeschichte und Standort der Vorschrift
Rz. 1
Die Entstehungsgeschichte des § 26c UStG ist – wie die des zwischenzeitlich aufgehobenen § 26b UStG und des jetzigen § 26a Abs. 1 UStG – unmittelbar mit dem Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz (StVBG) aus dem Jahr 2001 verbunden. Inhaltlich stand § 26c UStG zunächst im untrennbaren Zusammenhang zu dem mWv 30.6.2021 aufgehobenen § 26b UStG, schon der Tatbestand verwies auf dessen Tatbestand ("…wer in den Fällen des § 26b …"). Durch die Streichung des § 26b UStG (Rz. 5) und die Verschiebung dieses Bußgeldtatbestandes (mit inhaltlichen Änderungen) in § 26a Abs. 1 UStG wurde die Verweisung in § 26c UStG entsprechend angepasst (Rz. 5). Die ursprüngliche Regelung des § 26c UStG wurde mit Gesetz v. 19.12.2001 mWv 1.1.2002 im Wesentlichen zur verbesserten Bekämpfung der Umsatzsteuerkriminalität eingeführt. Auch die Gesetzesbegründung zur Schaffung des § 26a Abs. 1 UStG fokussierte sich auf solche Fälle zur Begründung des Gesetzeszwecks der Vorschrift.
Rz. 2
Eine inhaltliche Begründung der Regelung des § 26c UStG fand sich in der BT-Drs. 14/7471 v. 23.11.2001. In dem ursprünglichen Gesetzesentwurf des StVBG war § 26c UStG überhaupt noch nicht vorgesehen. Erst in der Stellungnahme des Bundesrats v. 10.10.2001 entstand die Forderung nach Schaffung eines Straftatbestands, um das vorsätzliche Nichtentrichten der in einer Rechnung ausgewiesenen USt oder das vorsätzliche oder leichtfertige Außerstandsetzen, die in einer Rechnung ausgewiesene USt zu entrichten, unter Strafe zu stellen. In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v. 20.11.2001 findet sich dann erstmals eine Nennung des § 26c UStG in der aktuellen Form, die demnach unverändert in das Gesetz übernommen wurde.
Rz. 3
Die genannte Begründung in der BT-Drs. 14/7471 ist für das Verständnis der Vorschrift auch in ihrer aktuellen Fassung und dem Verhältnis zu § 26a Abs. 1 UStG wichtig, sie hat folgenden Wortlaut:
Zitat
§ 26c stellt die gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangene Tathandlung i. S. von § 26b unter Strafe. Damit wird eine Regelungslücke für die Fälle geschlossen, in denen eine Bestrafung nach § 370 AO mangels Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale nicht möglich ist. Diese Gesetzeslücke haben die Täter erkannt und nützen sie insbesondere in Form von sog. Umsatzsteuerkarussellgeschäften systematisch aus. Sie geben den Formerfordernissen entsprechend richtige Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Jahresanmeldungen ab, zahlen jedoch tatplanmäßig die Steuerschulden nicht. Sie achten auch darauf, dass sämtliche umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aus den von ihnen gestellten Rechnungen erfüllt werden.
Die Schaffung des Straftatbestandes ist angesichts des zunehmend festgestellten Umsatzsteuerkarussellbetrugs notwendig. Von den Tätern wird das Mehrwertsteuersystem gezielt missbraucht. Strafbewehrte steuerliche Verpflichtungen werden eingehalten, wohlwissend, dass die bloße Nichtentrichtung der USt nicht strafbar und damit risikolos ist. Die aufgedeckten Fälle lassen zumeist Strukturen der organisierten Kriminalität erkennen, deren Mitglieder sich hemmungslos zu Lasten des Steuerzahlers bereichern. Zugleich wird aber auch der redliche Unternehmer geschädigt, weil er den gegenüber durch derartiges Tun "subventionierten Unternehmer" im Wettbewerb unterlegen ist. Die so erlangten Gelder werden erfahrungsgemäß teilweise dazu benutzt, die Ware billiger anzubieten. Damit wird also nicht nur der Fiskus geschädigt, sondern es kommt auch zu nicht hinnehmbaren Wettbewerbsverzerrungen. Die Erfahrungen der Praxis haben gezeigt, dass derartige Wettbewerbsverzerrungen so weit führen können, dass einzelne, gesetzestreue Unternehmen, aus dem Markt gedrängt und Arbeitsplätze vernichtet werden. Beides gilt es durch entsprechende Regelungen zu schützen. ...
Rz. 4
Diese Begründung ist zwar nicht wortgleich mit der des zwischenzeitlich aufgehobenen § 26b UStG, ihr Aussagegehalt ist aber im Wesentlichen gleich. Zwar bauen die beiden Vorschriften aufeinander auf, sie haben die gleiche Zielrichtung, es bedarf aber doch der Erklärung, warum die – begrifflich schwer fassbare – "gewerbsmäßige und bandenmäßige" Begehung der Nichtzahlung einer geschuldeten USt nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat zu ahnden ist. Eine konkrete Begründung gibt aber auch die o. g. Drucksache nicht, ihr Wortlaut verweist nur auf "die Bedrohung für die Allgemeinheit" und belässt es im Übrigen bei allgemeinen Erwägungen. In Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten, welche der Begriff der Gewerbsmäßigkeit zur Begründung eines Straftatbestands im Steuerrecht (Rz. 18ff.) und auch der Nachweis einer bandenmäßigen Begehung aufwerfen können (Rz. 43ff.), ist das für die praktische Rechtsanwendung nur wenig hilfreich. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass z. B. auch der Vollstreckungsschuldner, der regelmäßig mit der Zahlung der von ihm vorangemeldeten USt in Verzug gerät, beim geltenden Gesetzeswortlaut gewerbsmäßig i. S. d. § 26c UStG hande...