2.2.1 Die strafrechtlichen Grundlagen der Gewerbsmäßigkeit
Rz. 18
Das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit hat durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz v. 19.12.2001 gleich mit zwei weiteren Vorschriften Einzug in das Steuerstrafrecht genommen, denn neben § 26c UStG wurde der bereits lange schon wieder aufgehobene§ 370a AO (Gewerbs- und Bandenmäßige Steuerhinterziehung) geschaffen. Im allgemeinen Strafrecht ist das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit aber bereits – vor allem bei den Wirtschaftsstraftaten – in einer ganzen Reihe von Vorschriften anzutreffen, es findet sich z. B. in § 260 StGB (gewerbsmäßige Hehlerei) und in der Qualifikation des Betrugs in § 263 Abs. 5 StGB. Darüber hinaus ist es auch schon Bestandteil der §§ 369ff. AO, und zwar bei dem gewerbsmäßigen Schmuggel in § 373 AO. Insoweit kann zur Konkretisierung dieses Tatbestandsmerkmals auf diese Regelungen zurückgegriffen werden; aus den Gesetzesbegründungen des StVBG ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen neuen steuerstrafrechtlichen Begriff der Gewerbsmäßigkeit schaffen wollte (Rz. 3).
Rz. 19
Strafrechtlich stellt die gewerbsmäßige Begehung einer Straftat ein sogenanntes besonderes persönliches Merkmal nach § 28 StGB dar. Da der Grundtatbestand des § 26a Abs. 1 UStG nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt, handelt es sich bei den Merkmalen des § 26c UStG nicht um strafverschärfende, sondern um strafbegründende Merkmale nach § 28 Abs. 1 StGB. Die Strafvorschrift des § 26c UStG "greift" deshalb nur für den oder die Tatbeteiligten, bei denen das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit in objektiver und subjektiver Hinsicht vorliegt. Andere Tatbeteiligte können allenfalls nach dem Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO bestraft werden, sofern nicht vom Vorliegen einer "Bande" auszugehen ist. Als Folge dessen kommt nur die Person als Täter des § 26c UStG infrage, welche die Steuer anmeldet und nicht abführt. Dagegen kann z. B. ein Abnehmer der Ware – der die Vorsteuer aus der Rechnung geltend macht – selbst dann nicht wegen dieser Tatalternative des § 26c UStG als Täter bestraft werden, wenn er wusste und einplante, dass die Zahlung der Steuer durch seinen Lieferanten unterblieb. Hier ist allerdings an eine Strafbarkeit wegen einer bandenmäßigen Begehung zu denken, aufgrund des § 28 Abs. 1 StGB kommt aber eine Strafbarkeit wegen gewerbsmäßiger Begehung des § 26c UStG als Täter nicht in Betracht.
Rz. 20
Allgemein ist für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit die Absicht des Täters kennzeichnend, sich durch wiederholte Begehung von Straftaten eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die Wiederholungsabsicht muss sich dabei auf das Delikt richten, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist. Die Einnahmequelle braucht hier nicht den hauptsächlichen oder regelmäßigen Erwerb des Täters zu bilden. Nach Auffassung des BGH sind dabei die genannten Tatbestandsmerkmale der Gewerbsmäßigkeit aufgrund ständiger Rechtsprechung festgeschrieben und über § 369 AO auch im Steuerstrafrecht zugrunde zu legen.
Rz. 21
Die Gewerbsmäßigkeit eines Handelns ist demnach aus der Sicht des Täters durch die Absicht bestimmt, sich durch eine wiederholte Begehung nachhaltig die Erzielung von Einnahmen von einigem Umfang zu sichern. Das Tatbestandsmerkmal ist demnach vor allem durch ein starkes subjektives Element geprägt. Das kann zur Folge haben, dass bereits die erste Tathandlung der Nichterklärung zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit und damit zur Verwirklichung des Tatbestands des § 26c UStG führen kann. Der dahingehende Nachweis einer Wiederholungsabsicht muss dann allerdings erst erbracht werden, was in der Praxis das Problem sein dürfte. Daher wird man vom Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit bei § 26c UStG i. d. R. erst beim zwei- oder dreimaligen Verstreichenlassen von Fälligkeitsterminen ausgehen können.
Rz. 22
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Merkmal der wiederholten Begehung von Straftaten im Steuerstrafrecht als Tatbestandsmerkmal durchaus problematisch ist, weil dem Steuerrecht, wegen seiner Besteuerung in Abschnitten (Veranlagungszeiträumen), die wiederholte Abgabe von Steuererklärungen und -anmeldungen immanent ist; dabei sind die Zeiträume oft sehr kurz. So ist z. B. die monatliche Einreichung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen nach § 18 Abs. 1 UStG zwanghaft auf Wiederholung ausgerichtet. Gleiches gilt für die Umsatzsteuerjahreserklärung und die ESt-Erklärung. Wenn der Stpfl. dann die angemeldeten Steuern (teilweise) nicht bei ihrer Fälligkeit bezahlt, handelt er (i. S. d. vorgenannten Definition) u. U. bereits gewerblich und kann dann den Tatbestand des § 26c UStG verwirklichen, auch wenn die ausbleibenden Zahlungen in keinem Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung stehen. M.E. ist das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit deshalb im Bereich des Steuerrechts problematisch, denn hier sind immer regelmäßig und wiederholt Steueranmeldungen oder -erklärungen abzugeben. Der Tatbestand...