Rz. 69
Das Betretensrecht greift nach dem Wortlaut des § 27b Abs. 1 S. 1 UStG gegenüber solchen Personen, die einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit selbstständig nachgehen. Das trifft uneingeschränkt auf den umsatzsteuerlichen Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 UStG zu. Demnach hat grundsätzlich jeder umsatzsteuerliche Unternehmer das Betreten zu gewähren, sofern denn die anderen Voraussetzungen der Regelung vorliegen. Betroffene einer Umsatzsteuer-Nachschau können also unternehmerisch tätige natürliche und juristische Personen, aber auch zivilrechtlich nicht oder nur partiell rechtsfähige Personen sein. Dabei ist der Kreis der Betroffenen nicht beschränkt, er umfasst alle Unternehmer und damit z. B. auch Kleinunternehmer i. S. d. § 19 UStG und pauschalierende Landwirte nach § 24 UStG (Rz. 71). Hierbei ist die steuerliche Erfassung keine Voraussetzung (Rz. 71a), es reicht aus, wenn der Unternehmer die Absicht hat, eine wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig auszuführen.
Rz. 70
Man muss sich hier aber fragen, warum der Gesetzgeber nicht gleich den umsatzsteuerlichen Begriff des Unternehmers verwendet hat, sondern an dieser Stelle eine andere Terminologie einsetzt. Diese Definition der betroffenen Rechtssubjekte weicht nämlich von dem Unternehmensbegriff in § 2 UStG ab. Insoweit erscheint die hier vom Gesetz verwendete Definition der "selbstständigen Ausübung des Gewerbes" im Hinblick auf Organgesellschaften problematisch, weil diese nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG eben nicht selbstständig unternehmerisch tätig sind. Ob es dem Gesetzeszweck entspricht, dass eine Umsatzsteuer-Nachschau bei solchen Gesellschaften nicht zulässig sein soll, ist m. E. jedoch zweifelhaft. Gerade hier kann es erforderlich sein, durch eine Umsatzsteuer-Nachschau festzustellen, ob die Voraussetzungen einer Organschaft auch tatsächlich vorliegen.
Rz. 70a
M.E. ist wohl davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die mögliche Problematik bei der Organschaft nicht beachtet hatte, als er anstatt des umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriffs des § 2 Abs. 1 UStG eher die Formulierung des § 210 Abs. 1 AO als Vorbild genommen hatte. Gründe dafür sind weder aus den Gesetzesmaterialen noch sonst ersichtlich, sodass für den Anwendungsbereich des § 27b UStG nicht von einem anderen Unternehmerbegriff auszugehen ist, als sonst im Umsatzsteuerrecht. Zu erklären ist diese Ungereimtheit wohl damit, dass der Gesetzgeber ursprünglich die Umsatzsteuer-Nachschau in die Abgabenordnung einfügen wollte (Rz. 2f.). Sollte man hier allerdings davon ausgehen, dass Organgesellschaften nicht Gegenstand einer Umsatzsteuer-Nachschau sein können, dann dürfte eine solche Prüfung aber mittelbar über den Organträger möglich sein, denn dieser ist (umsatzsteuerlich) der selbstständig tätige Unternehmer und muss insoweit auch Inhaber der Unterlagen über die Besteuerungsgrundlagen sein. Zu beachten ist dabei, dass jede Prüfung auch geeignet i. S. d. Verhältnismäßigkeit sein muss und bei der Beurteilung des Vorliegens einer Organschaft zu berücksichtigen ist, dass derartige Fragen zumeist ohnehin nur aufgrund der vorzulegenden (§ 97 AO) vertraglichen Vereinbarungen aufklärbar sind; diese Prüfung kann aber i. d. R. an Amtsstelle erfolgen.
Rz. 71
Eine Umsatzsteuer-Nachschau kann somit bei allen Unternehmern durchgeführt werden, insbesondere also auch bei Kleinunternehmern, Land- und Forstwirten und Wiederverkäufern i. S. d. § 25a UStG. Auch bei ihnen können umsatzsteuerlich relevante Sachverhalte aufzuklären sein, etwa um festzustellen, ob ein Kleinunternehmer auch tatsächlich (noch) Kleinunternehmer ist. Das ist auch sachgerecht, weil sich gerade bei derartigen Unternehmern die tatsächlichen geschäftlichen Verhältnisse einfach und schnell durch eine unangekündigte Nachschau nach § 27b UStG überprüfen lassen. In der Praxis stellt die Überprüfung solcher Fälle aber eher die Ausnahme dar; schon die in Abschn. 27b.1 Abs. 2 UStAE genannten Prüfungskriterien dürften bei diesen Steuerpflichtigen zumeist nicht vorliegen. Eine wichtige Beschränkung bei den Prüfungssubjekten ist aber m. E. zu beachten: Es muss sich um einen im Inland tätigen Unternehmer handeln, die hoheitlichen Befugnisse der deutschen Finanzbehörde werden durch § 27b UStG nicht auf ausländische Unternehmer erweitert. Wenn also z. B. der österreichische Unternehmer A ohne inländische Betriebsstätte durch Deutschland reist, dann dürfte bei ihm keine Umsatzsteuer-Nachschau durchgeführt werden; dies bleibt der österreichischen Finanzbehörde vorbehalten. Anzumerken bleibt, dass die Durchführung einer Umsatzsteuer-Nachschau bei Kleinunternehmern, Landwirten und ähnlichen Unternehmern in der Praxis wohl nur ausnahmsweise erfolgen wird; die Finanzbehörden werden ihre knappen Prüfungskapazitäten nur bei wirklich prüfungsrelevanten Fällen einsetzen.
Rz. 71a
Die Umsatzsteuer-Nachschau darf aber auch bei solchen Unternehmern durchgeführt werden, die nur ihrem äußeren Anschein nach unternehmerisch tätig sind; das ist z....