Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 21
Um zu einer umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung zu kommen, muss der Umsatz, der auf einem Vertrag beruht, der vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung abgeschlossen worden ist, nach Inkrafttreten der Änderung ausgeführt worden sein. Die USt entsteht dem Grunde und der Höhe nach in jedem Fall nach den Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung anzuwenden sind, § 13 Abs. 1 UStG. Ob die USt dabei nach vereinbarten Entgelten nach § 16 Abs. 1 UStG oder nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 UStG entsteht, ist unbeachtlich.
Rz. 22
Die Frage der Leistungserbringung ist nach den allgemeinen Grundsätzen des § 3 UStG zu beurteilen. Besteht die zu erbringende Leistung in einer Lieferung, ist die Leistung in aller Regel mit Verschaffung der Verfügungsmacht ausgeführt (vgl. dazu die Ausführungen zu § 3). Wird eine sonstige Leistung erbracht, ist die Leistung mit Ausführung der Tätigkeit oder Beendigung einer Duldung oder Unterlassung ausgeführt.
Rz. 23
Auch in den Fällen, in denen eine Teilleistung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 3 UStG ausgeführt worden ist, entsteht die USt nach den Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Ausführung der Teilleistung gültig sind. Insbesondere die Definition der Teilleistung ist bei langfristigen Verträgen von Bedeutung. Zur Abgrenzung der Teilleistung von Anzahlungen und zur Umstellung von Verträgen auf Teilleistungen im Falle einer Steuersatzänderung gibt die Finanzverwaltung regelmäßig bei Steuersatzänderungen Hinweise.
Rz. 24
Anzahlungen haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Entstehung einer USt dem Grunde und der Höhe nach. Zwar führt eine vereinnahmte Anzahlung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4 UStG bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten oder nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten i. S. d. § 20 UStG schon zur Entstehung der USt zum Zeitpunkt der Vereinnahmung, die USt entsteht dem Grunde und der Höhe nach aber erst mit Ausführung der Leistung bzw. der Teilleistung, § 27 Abs. 1 S. 2 UStG. Dies gilt entsprechend auch für Anzahlungen, bei denen der Leistungsempfänger nach § 13b UStG zum Steuerschuldner der entstehenden USt wird.
Rz. 25
Kommt es nach Erbringung der Leistung zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG, bleibt es für die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften grundsätzlich weiter bei der Beurteilung zum Zeitpunkt der Leistungserbringung. In den Fällen, in denen eine Überwälzung einer umsatzsteuerlichen Mehrbelastung auf den Leistungsempfänger strittig ist, hat bei einer später abweichenden Abrechnung der leistende Unternehmer seine Rechnung zu berichtigen. Unterlässt er eine solche Berichtigung, führt dies im Falle eines zu hohen Steuerausweises zur Steuerschuld für die unrichtig ausgewiesene USt nach § 14c Abs. 1 UStG.
Rz. 26
In den Fällen, in denen ein Leistungsaustausch entfällt und durch einen neuen Leistungsaustausch ersetzt wird, z. B. im Fall eines Umtauschs, entsteht eine USt nach den Rechtsvorschriften, die zum Zeitpunkt des neuen Umsatzes gelten, der vorige Umsatz wird rückgängig gemacht. Damit ergibt sich eine Steuerbelastung nach den zum Zeitpunkt des Umtauschs geltenden Rechtsvorschriften. Sollte der Umtausch nicht auf ein dem leistenden Unternehmer zuzurechnendes Verhalten zurückzuführen sein, ist der Leistungsempfänger mit der USt nach den für den zweiten Umsatz geltenden Rechtsvorschriften wirtschaftlich belastet.