1.1 Inhalt und Zweck der Vorschrift
Rz. 1
Die Vorschrift regelt die Leistungskommission bei sonstigen Leistungen, die unter Einschaltung eines Unternehmers über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht werden. Wird ein Unternehmer bei der Erbringung einer sonstigen Leistung unter Nutzung der erfassten Medien eingeschaltet, könnte im Verhältnis zwischen ihm, dem Anbieter sowie dem Abnehmer zweifelhaft sein, zwischen welchen Personen der Austausch sonstiger Leistungen erfolgt. Für diese Fälle enthält die Regelung von § 3 Abs. 11a UStG die gesetzliche Vermutung der Leistungskommission. Sie dient dem primären Zweck, den für die Besteuerung maßgeblichen leistenden Unternehmer zu bestimmen. Darüber hinaus erfüllt sie sekundär auch eine Ordnungsfunktion und ist Steuervermeidungsvorschrift.
Die Regelung richtet sich unmittelbar an den eingeschalteten Unternehmer als Normadressaten, mittelbar jedoch auch an den die sonstige Leistung bereitstellenden Anbieter sowie an deren Abnehmer. Der eingeschaltete Unternehmer stellt bei der Erbringung der sonstigen Leistung das Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal bereit und ist damit im umsatzsteuerlichen Sinne der Kommissionär. Der Anbieter ist der die sonstige Leistung Bereitstellende und damit im umsatzsteuerlichen Sinne der Kommittent. Der Abnehmer ist die Person, an die die sonstige Leistung erbracht wird.
Rz. 2
Die durch Gesetz v. 25.7.2014 mWv 1.1.2015 eingefügte Regelung basiert auf Art. 9a MwStVO, der seit dem 1.1.2015 unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat gilt und eine Anpassung der nationalen Vorschriften erforderte. Mit dem Inkrafttreten wurde gleichzeitig die bis dahin geltende Branchenvorschrift von § 45h Abs. 4 Telekommunikationsgesetz (TKG) aufgehoben und in § 3 Abs. 11a UStG integriert. Damit ist die zuvor außerhalb des UStG enthaltene Branchenregelung entfallen und systematisch zutreffend in das UStG integriert worden.
1.2 Normenstruktur
Rz. 3
Die Vorschrift setzt sich aus positiven und negativen Tatbestandsmerkmalen zusammen. Zunächst werden durch S. 1 die Anwendungsvoraussetzungen der gesetzlich vermuteten Leistungskommission als positive Tatbestandsmerkmale genannt. Hieran schließen sich die Ausnahmen und Gegenausnahmen der gesetzlichen Vermutung in den S. 2 bis 5 mit negativen Tatbestandsmerkmalen an. Das in der Norm damit enthaltene Regel-Ausnahme-Prinzip lässt zugleich auf die Verteilung der objektiven Beweislast schließen. Danach ist von der Leistungskommission auszugehen, wenn die Voraussetzungen von S. 1 erfüllt sind. Will sich eine an der Leistungskommission beteiligte Partei auf eine Ausnahme nach den S. 2 bis 5 berufen, muss sie den Nachweis hierfür erbringen; anderenfalls greift die gesetzliche Vermutung weiterhin ein.
Rz. 4
Das Verhältnis von § 3 Abs. 11a UStG zum vorausgehenden Abs. 11, der die allgemeine Leistungskommission regelt, ist nicht Gesetzesspezialität, sondern eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Leistungskommission auf die von Abs. 11a S. 1 erfassten Fälle. Hinsichtlich der Rechtsfolgen wird deshalb auf die in § 3 Abs. 11 UStG bereits vorhandenen Regelungen (Fiktion der Leistungskommission) verwiesen. Unterschiede bestehen aber bei der Widerlegbarkeit der Fiktion. Während die gesetzliche Vermutung der allgemeinen Leistungskommission nach Abs. 11 unwiderlegbar ist, kann die sich aus § 3 Abs. 11a UStG ergebende Vermutung unter den abschließend geregelten Voraussetzungen der S. 2 bis 5 widerlegt werden.