Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 45
Transportiert der Unternehmer Gegenstände im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts zu einem Kommissionär in einen anderen Mitgliedstaat, gilt die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär nach der Rechtsprechung des BFH erst in der ideellen Sekunde als ausgeführt, in der der Kommissionär seinerseits dem Käufer die Verfügungsmacht verschafft. In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass der Kommittent vor der jeweiligen Lieferung an den Kommissionär auch noch ein innergemeinschaftliches Verbringen der Besteuerung unterwerfen müsste. Die Finanzverwaltung lässt es deshalb im Rahmen einer Vereinfachungsregelung zu, dass die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär schon gleich mit Ausführung des Transports als erbracht angesehen wird. Der Kommissionär muss dann entsprechend einen innergemeinschaftlichen Erwerb i. S. d. § 1a Abs. 1 UStG der Besteuerung unterwerfen.
Innergemeinschaftliches Verbringen und Kommissionsgeschäft
Kommittent K aus Österreich transportiert im August 2019 Ware zu dem Kommissionär U in Deutschland. U kann die Kommissionsware im Oktober 2019 an einen Erwerber in Deutschland verkaufen.
Grundsätzlich würde die Lieferung des K an den Kommissionär erst im Oktober 2019 ausgeführt werden, wenn der Kommissionär die Ware seinerseits weiter veräußert. Dies würde dazu führen, dass sich K wegen der in Deutschland steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferung umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen müsste. Im Zeitpunkt des Transports der Ware aus Österreich nach Deutschland würde sich für ihn ein innergemeinschaftliches Verbringen ergeben, da er Gegenstände zur eigenen Verfügung aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat transportiert. Entsprechend der (wahlweisen) Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung kann aber der Vorgang bei K in Österreich als innergemeinschaftliche Lieferung (an U) und von U in Deutschland gleich als innergemeinschaftlicher Erwerb besteuert werden. K müsste sich dann nicht in Deutschland umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen.
Rz. 46
Der Kommissionär muss dann im Bestimmungsmitgliedstaat sofort einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen. Die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb beim Kommissionär und die Besteuerungsgrundlage (u. a. für die Zusammenfassende Meldung) beim Kommittenten muss dann sachgerecht geschätzt werden. Sollte sich dann später – nach Abwicklung des Weiterverkaufs durch den Kommissionär – die Bemessungsgrundlage in anderer Höhe ergeben, wird es nicht beanstandet, wenn auf die Korrektur der Bemessungsgrundlage verzichtet wird, soweit der Kommissionär zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Rz. 47
Ob die Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung auch nach Inkrafttreten der Konsignationslagerregelung zum 1.1.2020 längerfristig aufrecht erhalten bleibt, muss abgewartet werden. Grundsätzlich kann ein vergleichbares Ergebnis auch über die ab 2020 geltende Regelung des § 6b UStG erreicht werden (vgl. dazu auch Rz. 58ff.).