6.1 Entstehungsgeschichte
Rz. 36
"Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung eines Gegenstands durch einen selbstständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt" (§ 3 Abs. 7 S. 4 UStG 1980). Der Text stellt klar, dass der Beförderer nicht den Berufsgruppen der Frachtführer oder Verfrachter angehören muss und dass auch ein Nichtunternehmer ggf. sogar unentgeltlich die Beförderung ausführen kann. Er darf nur nicht Arbeitnehmer des Lieferers oder Abnehmers sein, sondern muss "selbstständig" tätig werden. Ein "Besorgen" der Beförderung liegt vor, wenn der vom Lieferer Beauftragte die Beförderung nicht selbst auszuführen hat, sondern mit der Beförderung einen anderen betraut. Der Hauptfall ist der des Spediteurs, der es gewerbsmäßig übernimmt, Güterversendungen durch Frachtführer oder durch Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines anderen (des Versenders) in eigenem Namen zu besorgen (§ 453 HGB).
Rz. 37 einstweilen frei
6.2 Begriff "Versenden"
Rz. 38
Ein Versenden liegt auch vor, wenn der Gegenstand durch einen Beförderungsunternehmer innerhalb derselben politischen Gemeinde vom Lieferer zum Abnehmer befördert wird. Dies entspricht der Regelung in § 447 BGB; unter "Erfüllungsort" in der Formulierung dieser Vorschrift (Versenden "der verkauften Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort") ist die Wohnung oder Niederlassung des Verkäufers (Lieferers) zu verstehen.
Rz. 39
Die Annahme einer Versendungslieferung i. S. d. § 3 Abs. 6 S. 3 UStG setzt voraus, dass
- der Liefergegenstand einer der oben (Rz. 36 genannten Beförderungspersonen übergeben wird und
- die Beförderungsperson den Auftrag erhalten hat, den Liefergegenstand an den Abnehmer zu befördern.
Rz. 40
Fehlt es an einer der beiden Voraussetzungen, liegt eine "Versendungslieferung" nicht vor (z. B. wenn der Liefergegenstand nicht an den Abnehmer, sondern an die eigene Adresse des Lieferers versendet wird). Versendet der Lieferer den Liefergegenstand zunächst an die eigene Adresse in den Freihafen Bremerhaven, kann die Lieferung an den Abnehmer erst im Anschluss an den im Freihafen Bremerhaven endenden Versendungsvorgang stattfinden. Diese Lieferung ist nicht steuerbar, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 UStG vor.
Rz. 41
Ein Versenden an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten liegt vor, wenn der Lieferer im Zeitpunkt der Übergabe des Gegenstands an den (selbstständigen) Beförderer alles Erforderliche getan hat, um den Gegenstand an den bereits feststehenden Abnehmer gelangen zu lassen. Zu den Besonderheiten bei sog. gebrochenen Beförderungen/Versendungen vgl. § 3 Abs. 6a Rz. 9
Beispiele
Versendungen mit Lkw, die der Lieferer einer Speditionsfirma ohne Gestellung von Fahrern für eine bestimmte Zeit vermietet hat:
Die vermieteten Lkw sind während des Einsatzes durch die Speditionsfirma mit deren Fahrer als Fahrzeuge der Speditionsfirma anzusehen. Der Unternehmer liefert dort, wo er die Gegenstände der Spedition zur Beförderung übergibt.
Charterung von Fahrzeugen des Vorlieferers durch den beauftragten Spediteur
Auch in diesen Fällen richtet sich die Ortsbestimmung nach § 3 Abs. 6 UStG.
Rz. 42 – 43 einstweilen frei
6.3 Sammelladungen und Beipacksendungen
Rz. 44
Die Lieferung gilt auch dann gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG mit der Aufgabe beim Beförderungsunternehmer als bewirkt, wenn der Lieferer die für mehrere Abnehmer bestimmten Teilmengen in einer Sammelladung oder Beipacksendung durch einen Spediteur versenden und am Bestimmungsort aufgrund einer klaren Kennzeichnung auf den einzelnen Paketen oder einer genauen Liste mit Anschrift der einzelnen Abnehmer und Angabe über Art und Menge der gelieferten Gegenstände an die Abnehmer verteilen lässt.
Beispiele
Lieferant L in der Schweiz lässt von ihm gekennzeichnete Ware im Sammelladungsverkehr nach § 460 HGB durch den inländischen Spediteur S von Bern an seine Abnehmer M in München und Hannover versenden. S befördert die in Bern übernommene Ware zusammen mit der Ware anderer Unternehmer mit eigenem Lkw über Mannheim, wo er die Güter nach Bestimmungsorten sortiert und umlädt, nach München und Hannover.
Die Lieferungen an M und S gelten gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG jeweils mit der Übergabe der Waren an S als in Bern ausgeführt und sind daher – soweit nicht § 3 Abs. 8 UStG anwendbar ist – nicht steuerbar. Die Nebenleistungen zur Versendung (Sortieren, Umladen) im Inland ändern daran nichts.
Lieferer L, der die bei ihm von verschiedenen Abnehmern gekauften Gegenstände von seinem im Drittlandsgebiet ansässigen Vorlieferer V in einer Sammelladung durch den Beförderungsunternehmer B versenden und am Bestimmungsort auf die verschiedenen Abnehmer verteilen lässt, übersendet B das Verteilungsverzeichnis, solange sich die Ware noch im Drittland befindet.
Die Lieferungen werden im Ausland bewirkt.
Rz. 45 – 46 einstweilen frei