1.1 UStG 1967/73 und UStG 1980
Rz. 1
Vor Inkrafttreten des UStG 1980 am 1.1.1980 konnte es im Importhandel für den Vorsteuerabzugsberechtigten – insbesondere bei Reihengeschäften – aufwendig sein, den Vorsteuerabzug für entrichtete Einfuhrumsatzsteuer zu erlangen. Dabei konnten dem Abnehmer mitunter interne Kalkulationsdaten des Lieferanten bekannt werden.
Einzelhändler A in Augsburg bestellte im Juli 1978 beim Großhändler S in Stuttgart Textilien. S gab die Bestellung an den Großhändler M in Mailand weiter, mit der Maßgabe, die Ware bis zum 10.8.1978 "frei" (d. h. versteuert) Augsburg unmittelbar an A zu senden.
Nach § 3 Abs. 7 UStG 1967/73 galt die Lieferung mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer in Italien als ausgeführt, sodass der Ort der Lieferung des M an S im Ausland lag. Auch die Lieferung des S an A fand im Ausland statt, weil nach § 3 Abs. 2 UStG 1967/73 die Lieferung an den letzten Abnehmer in der Reihe gleichzeitig als Lieferung eines jeden Unternehmers in der Reihe galt.
A war berechtigt, die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, weil die Textilien für sein Unternehmen eingeführt wurden. Dazu musste er sich vom Einführer (M) den zollamtlichen Beleg zum Nachweis der Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer besorgen (aus dem er auch die Höhe des Einkaufspreises und damit die Kalkulation des S erkennen konnte).
Rz. 2 einstweilen frei
Rz. 3
Zur Beseitigung nachteiliger Auswirkungen für die Wirtschaft hatte die Finanzverwaltung bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung zugelassen, dass Importeure nicht steuerbare Lieferungen im Ausland freiwillig wie Lieferungen im Inland behandeln. Dadurch erhielten diese anstelle ihrer Abnehmer das Recht zum Vorsteuerabzug aus der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer. Für den Fall des Reihengeschäfts waren die Abnehmer zum Abzug der so in Rechnung gestellten Vorsteuer allerdings nur dann berechtigt, wenn sie ihrerseits ihre nicht steuerbare Lieferung im Ausland der Besteuerung im Inland unterwarfen.
Rz. 4
Die vorgenannte Vereinfachungsregelung war mit Inkrafttreten des § 3 Abs. 8 UStG 1980 am 1.1.1980 überholt, der als Mussvorschrift an ihre Stelle trat und eine Sonderregelung zu den Fällen des § 3 Abs. 7 UStG darstellte. Die Beteiligten konnten allerdings durch zulässige Gestaltung im Ergebnis wieder die Bestimmung des Orts der Lieferung beeinflussen, indem sie durch Vereinbarung der Lieferkondition "versteuert" oder "unversteuert" über die Anwendung des § 3 Abs. 8 UStG 1980 entschieden. Die Verlegung des Lieferorts in das Ausland befreit den Exporteur zwar von der Verpflichtung, die umsatzsteuerlichen Ausfuhrnachweise zu erbringen. Allerdings blieb zu prüfen, ob dieser Erleichterung nicht größere Schwierigkeiten bei der Erfüllung umsatzsteuerlicher oder vergleichbarer Pflichten im Ausland gegenüberstanden.
1.2 UStG 1993 (Umsatzsteuer-Binnenmarktgesetz)
Rz. 5
Mit Inkrafttreten des UStG 1993 entfielen innerhalb der EG die steuerlichen Grenzen im Bereich der USt. Der Steuertatbestand der Einfuhr bezieht sich seither nur noch auf Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet. Der Regelungsbereich des § 3 Abs. 8 UStG musste deshalb auf Lieferungen aus dem Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet begrenzt werden.
1.3 UStG 1997 (Umsatzsteuer-Änderungsgesetz 1997)
Rz. 6
§ 3 Abs. 8 UStG ist durch das Umsatzsteuer-Änderungsgesetz v. 12.12.1996 mit Wirkung ab 1.1.1997 erneut geändert worden. Vom Wortlaut her war die Neufassung zunächst von der bisherigen Regelung für die Reihengeschäfte befreit worden, die seither in § 3 Abs. 6 und 7 UStG sowie in § 25b UStG geregelt sind. Außerdem wurde die Vorschrift eindeutiger als zuvor an die gemeinschaftlichen Vorgaben angepasst. Die deutsche Regelung des § 3 Abs. 8 UStG 1997 entspricht seither in vollem Umfang dem Unionsrecht.