Rz. 513
Die Sonderregelung des § 3a Abs. 6 UStG betrifft sonstige Leistungen, die von einem im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer oder von einer dort belegenen Betriebsstätte (§ 3a Abs. 6 S. 2 UStG) erbracht und im Inland genutzt oder ausgewertet werden. Die beiden bestimmenden Tatbestandsmerkmale dieser Regelung sind also die Ansässigkeit des leistenden Unternehmers im Drittland und die Nutzung und Auswertung dieser sonstigen Leistung im Inland. Das Tatbestandsmerkmal des Orts ihrer "Nutzung" unterscheidet sie im Übrigen von der Regelung des § 3a Abs. 5 UStG, wo es nur auf den Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthaltsort oder den Sitz des Leistungsempfängers ankommt. Unionsrechtlich beruht die Vorschrift auf der Ermächtigungsgrundlage des Art. 59a S. 1 Buchst. b MwStSystRL welche den Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung und Wettbewerbsverzerrungen entsprechende Maßnahmen gestattet. Die Regelung des § 3a Abs. 6 UStG ist mWv 1.1.2015 inhaltlich neu gefasst worden. Dabei handelte es sich aber im Wesentlichen um eine redaktionelle Anpassung an die durch den neuen § 3a Abs. 5 UStG erforderlich gewordenen Änderungen und die Streichung der damit zusammenhängenden bisherigen § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 11 und 12 UStG; die Verweisung lautet nun auf "Abs. 5 S. 2 Nr. 1 und 2 UStG". Bei dieser Anpassung unterlief dem Gesetzgeber aber zunächst ein Fehler in der Verweisung in § 3a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 UStG, dieser ist nachfolgend richtig gestellt worden.
Rz. 514
Gemäß dem Wortlaut des § 3a Abs. 6 S. 1 UStG ist zwischen drei Arten sonstiger Leistungen von Unternehmern aus Drittstaaten zu unterscheiden, für welche aber jeweils dieselbe Rechtsfolge – der Leistungsort im Inland – eintritt, sofern diese sonstige Leistung denn im Inland genutzt oder ausgewertet wird.
Dies gilt für:
- die in § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG bezeichneten Leistungen oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels (Nr. 1),
- die in § 3a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 bis 10 UStG bezeichneten sonstigen Leistungen an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts (Nr. 2) oder
eine in § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 1 und 2 UStG bezeichnete Leistung (Nr. 3).
Zu beachten ist, dass die auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen nach § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 3 UStG von dieser Verweisung nicht mit umfasst werden. Für sie verbleibt es deshalb immer bei der Leistungsortsbestimmung nach § 3a Abs. 5 UStG.
Rz. 515
Gemäß § 3a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 UStG muss der Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt, bei der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels an Unternehmer und gleichgestellte juristische Personen oder an Nichtunternehmer sowie bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln vom Leistungsort im Inland ausgehen, wenn diese Beförderungsmittel dort genutzt und ausgewertet werden. Wichtig ist dabei, dass es nicht darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger Unternehmer ist oder nicht, denn der Gesetzeswortlaut enthält keine entsprechende Einschränkung. Der UStAE nennt zur weiteren Erläuterung der Regelung folgendes anschauliches Beispiel:
Der in der Schweiz ansässige Privatmann P mietet bei einem in der Schweiz ansässigen Autovermieter S einen Pkw für ein Jahr, das Fahrzeug soll ausschließlich im Inland (in Deutschland) genutzt werden.
Der Ort der Leistung bei der langfristigen Vermietung des Beförderungsmittels richtet sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 S. 3 UStG (vgl. Abschn. 3a.5 Abs. 7 bis 9 UStAE); der Leistungsort wäre demnach in der Schweiz. Da der Pkw aber im Inland genutzt wird, ist die Leistung nach § 3a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 UStG als im Inland ausgeführt zu behandeln. Steuerschuldner ist S (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Rz. 516
Zu beachten ist, dass der Wortlaut des § 3a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 UStG seit der unionsrechtlich gebotenen Neufassung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG durch das Jahressteuergesetz 2013 nicht mehr uneingeschränkt auf diese zweite Vorschrift abgestimmt ist, denn § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG regelt nunmehr auch den Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln, jedenfalls wenn der Leistungsempfänger kein Unternehmer ist. In diesem Fall sorgt dann die Sonderregelung des § 3a Abs. 6 S. Nr. 1 UStG für eine Verschiebung des Leistungsorts in das Inland. Allerdings können nach der Neufassung dieser (komplizierten) Regelung gerade mit Blick auf die Leistungsortsbestimmung des § 3a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 UStG "merkwürdige" Ergebnisse bei durchaus ähnlichen Fallkonstellationen eintreten (Rz. 209). Interessant dürfte hier auch die Frage sein, wer eigentlich die richtige Besteuerung der sonstigen Leistung im Beispielsfall kontrollieren soll (Rz. 517); woher sollen hier die deutschen Finanzbehörden von solchen Sachverhalten Kenntnis erlangen? Der Beispielsfall zeigt allerdings zugleich, dass die praktische Relevanz dieser Regelung nicht allzu hoch sein dürfte.
Rz. 517
Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit der Ortsregelung des § 3a Ab...