Rz. 10
§ 3c Abs. 1 UStG geht von einer Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) in Form einer Beförderung oder Versendung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats (dazu § 1 UStG Rz. 519ff.) in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats aus, die der liefernde Unternehmer veranlasst haben muss. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands (§ 3 Abs. 6 S. 2 UStG). Eine Versendung liegt vor, wenn der Unternehmer die Beförderung eines Gegenstands durch einen selbstständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt (§ 3 Abs. 6 S. 3 UStG).
Keine Lieferung i. S. v. § 3c Abs. 1 UStG liegt demnach vor, wenn der Liefergegenstand vom Abnehmer oder durch eine von ihm beauftragte Person abgeholt wird. In Abholfällen bestimmt sich somit der Lieferort nach der allgemeinen Regel des § 3 Abs. 6 UStG (Rz. 10), die mangels Erfüllung des Tatbestands dann nicht durch die Ausnahmeregelung des vor allem für den Versandhandel geltenden § 3c UStG verdrängt wird. Es bleibt in diesen Abholfällen demnach bei der Besteuerung im Ursprungsland. Führt ein in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässiger Unternehmer Lieferungen an in einem anderen Mitgliedstaat wohnhafte Privatpersonen aus, können diese Lieferungen nach § 3c UStG selbst dann steuerbar und steuerpflichtig sein, wenn die Abnehmer eine formularmäßige Vollmacht zur Beauftragung eines Kurierdienstes zum Transport der bestellten Waren in ihrem Namen und für ihre Rechnung erteilt haben.
Rz. 11
Die Regelung von § 3c UStG gilt sowohl bei einer Lieferung vom Inland in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats als auch umgekehrt aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ins Inland. Um einen unbelasteten Letztverbrauch z. B. in den deutschen Freihäfen (§ 1 UStG Rz. 533) zu vermeiden, wurden auch Warenbewegungen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (§ 1 UStG Rz. 525) in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete (§ 1 UStG Rz. 532ff.) einbezogen.
Rz. 12
Bei Beginn der Beförderung oder Versendung in einem Drittland findet § 3c UStG grundsätzlich keine Anwendung. Wird jedoch ein Gegenstand aus einem Drittland (§ 1 UStG Rz. 528) befördert oder versendet und im Rahmen der Beförderung oder Versendung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt, d. h. zum freien Verkehr abgefertigt, und endet die Beförderung oder Versendung in einem anderen EU-Mitgliedstaat, so liegt der Lieferort grundsätzlich in dem anderen Mitgliedstaat, wenn im Übrigen die Voraussetzungen der Versandhandelsregelung erfüllt sind (§ 3c Abs. 1 S. 2 UStG). § 3c UStG hat dann Vorrang vor § 3 Abs. 8 UStG.
Endet hingegen die Beförderung bzw. Versendung im Drittlandsgebiet, so findet § 3c UStG keine Anwendung; der Lieferort bestimmt sich in einem solchen Fall nach § 3 Abs. 6 oder Abs. 7 UStG.
Rz. 13
§ 3c UStG ist auch dann anwendbar, wenn die Beförderung bzw. Versendung über Drittlandsgebiet im Wege der Durchfuhr erfolgt. Voraussetzung ist allerdings, dass Beginn und Ende der Beförderung bzw. Versendung in verschiedenen Mitgliedstaaten liegen. Wird dagegen der Liefergegenstand in einem Drittland zum freien Verkehr bzw. zur Einfuhr abgefertigt, verliert er seinen Status als Gemeinschaftsware. Die Wiedereinfuhr in einen Mitgliedstaat unterliegt dann der Einfuhrumsatzbesteuerung. § 3c UStG kann dann nur zur Anwendung kommen, wenn der Einfuhrmitgliedstaat nicht mit dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung bzw. Versendung endet, identisch ist.
Rz. 14
Bei Werklieferungen ist § 3c UStG anwendbar, wenn das fertige Werk befördert oder versendet wird. Erfolgen am Bestimmungsort noch Montageleistungen oder andere erhebliche Leistungen, fehlt es an einer Beförderung bzw. Versendung des Liefergegenstandes. Der Ort solcher Lieferungen liegt nach § 3 Abs. 7 S. 1 UStG im Bestimmungsland; § 3c UStG ist nicht anwendbar (§ 3 Abs. 7 UStG Rz. 43ff.).
Rz. 15
Das innergemeinschaftliche Verbringen eines Gegenstands gem. § 3 Abs. 1a UStG stellt keine Lieferung i. S. v. § 3c Abs. 1 UStG dar. Das folgt daraus, dass von § 3c UStG nur solche Lieferungen erfasst werden sollen, bei denen der Abnehmer keinen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern hat (Rz. 1). Unionsrechtlich wird dies durch Art. 17 Abs. 2 Buchst. a i. V. m. Art. 33 bis 35 MwStSystRL klargestellt (§ 3 Abs. 1a UStG Rz. 19a).