2.2.1 Allgemeines
Rz. 16
§ 3c UStG bezweckt die Besteuerung in dem Mitgliedstaat des Endes der Beförderung bzw. Versendung (Bestimmungsland) in den Fällen, in denen dieses Ziel nicht bereits durch die Erwerbsbesteuerung erreicht wird (Rz. 1). Gesetzestechnisch wird dies dadurch erreicht, dass die durch § 3c Abs. 1 UStG bewirkte Ortsverlagerung in den Bestimmungsmitgliedstaat durch § 3c Abs. 2 UStG davon abhängig gemacht wird, dass der Abnehmer im jeweiligen Mitgliedstaat nicht der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Für den in § 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG genannten Abnehmerkreis (natürliche Privatpersonen) kommt eine Erwerbsbesteuerung – ausgenommen bei der Lieferung neuer Fahrzeuge – ohnehin nicht in Betracht. Für den in § 3c Abs. 2 Nr. 2a–d UStG genannten Abnehmerkreis hängt die Anwendung der Erwerbsbesteuerung zusätzlich davon ab, dass die maßgebliche Erwerbsschwelle (§ 1a UStG Rz. 228ff.) des Bestimmungslands überschritten wird bzw. auf ihre Anwendung verzichtet wird. Die Verlagerung des Lieferorts gem. § 3c UStG in das Bestimmungsland tritt somit nur dann ein, wenn der Abnehmer weder die maßgebliche Erwerbsschwelle überschreitet, noch auf ihre Anwendung verzichtet hat.
Rz. 17
Der liefernde Unternehmer trägt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 UStG. Grundsätzlich kann der Lieferer davon ausgehen, dass die Voraussetzungen des § 3c UStG hinsichtlich des Abnehmerkreises erfüllt sind, wenn der Abnehmer das Geschäft ohne Angabe einer USt-IdNr. abwickelt. Die bloße Behauptung, es seien nicht alle Verkäufe, die über eine Internetplattform abgewickelt wurden, in einen bestimmten EU-Mitgliedstaat geliefert worden, reicht jedenfalls nicht dafür aus, die Annahme des FA zu widerlegen, es habe sich bei den Lieferungen um innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen gehandelt, bei denen der Ort der Lieferung nach § 3c Abs. 1 UStG im Bestimmungsland liegt.
Rz. 18
Die Anwendung des § 3c UStG ist jedoch unabhängig davon, ob im Bestimmungsland tatsächlich eine Erwerbsbesteuerung stattgefunden hat oder nicht. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob beim Abnehmer ein steuerbarer Erwerbsvorgang vorliegt oder nicht.
2.2.2 Privatpersonen (§ 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG i. d. F. bis 30.6.2021)
Rz. 19
Als Voraussetzung für die Anwendung der Ortsbestimmung nach § 3c Abs. 1 UStG bestimmt § 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG als Abnehmerkreis diejenigen Personen, die nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG genannten Personen gehören. Danach dürfen die Abnehmer keine Unternehmer i. S. v. § 2 UStG und auch keine juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sein, die nicht Unternehmer sind oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben. Da juristische Personen somit ausnahmslos aus dieser Abnehmergruppe ausscheiden, kommen als Abnehmer nach § 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG nur natürliche Personen in Betracht, die entweder keine Unternehmer sind oder als Unternehmer den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben. Ob ein Gegenstand für das Unternehmen erworben wird oder nicht, ist grundsätzlich nach denselben Kriterien zu entscheiden, nach denen sich im Rahmen des § 15 UStG die Zuordnung zum Unternehmen entscheidet (§ 15 UStG Rz. 79ff.). Wenn der Abnehmer mit seiner vom anderen Mitgliedstaat zugewiesenen USt-IdNr. aufgetreten ist, kann der Lieferer, sofern er gutgläubig ist, davon ausgehen, dass der Gegenstand für das Unternehmen des Abnehmers erworben wird.
Rz. 20
Diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen, zwischenstaatliche Einrichtungen und Streitkräfte anderer Vertragsparteien der NATO gelten gem. § 1c Abs. 1 S. 2 UStG nicht als Erwerber i. S. v. § 1a Abs. 1 Nr. 2 UStG; sie gehören somit zu den Abnehmern nach § 3c Abs. 2 Nr. 1 UStG.
2.2.3 Halbunternehmer (§ 3c Abs. 2 Nr. 2 UStG i. d. F. bis 30.6.2021)
Rz. 21
Der in § 3c Abs. 2 Nr. 2 UStG aufgeführte Abnehmerkreis entspricht demjenigen Erwerberkreis, der nach § 1a Abs. 3 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hat (sog. Halbunternehmer, vgl. auch § 1a UStG Rz. 222ff.). Zu dieser Gruppe von Abnehmern gehören, vorausgesetzt sie haben die Erwerbsschwelle (§ 1a UStG Rz. 228ff.) nicht überschritten und auch nicht auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet (§ 1a UStG Rz. 238ff.):
- Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzugsberechtigung ausführen (§ 3c Abs. 2 Nr. 2a UStG); bei Lieferungen in einen anderen EU-Mitgliedstaat sind dessen nationale Regelungen, die von den deutschen abweichen können, maßgebend;
- Kleinunternehmer, die nach den Vorschriften ihres Sitzstaates von der Steuer befreit sind oder auf andere Weise von der Besteuerung ausgenommen sind (§ 3c Abs. 2 Nr. 2b UStG). Liefert ein deutscher Unternehmer in einen anderen Mitgliedstaat, sind dessen innerstaatliche Regelungen für Kleinunternehmer zu beachten. Es darf keine Option zur Regelbesteuerung erfolgt sein.
- Unternehmer, d...