Rz. 56

Die Legaldefinition des innergemeinschaftlichen Fernverkaufs ist in § 3c Abs. 1 S. 2 UStG enthalten. Danach liegt ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf vor, wenn die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete an den Erwerber befördert oder versandt wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Die dadurch ausgelöste Verlagerung des Orts der Lieferung in das Bestimmungsland greift unter den Voraussetzungen von § 3c Abs. 4 S. 1 UStG (dazu Rz. 67ff.) nicht ein; in diesem Fall verbleibt es bei der Regelung des § 3 Abs. 6 S. 1 UStG.

 
Praxis-Beispiel

Ein im Inland ansässiger Händler veräußert über die eigene Internetseite elektronische Geräte an eine Privatperson in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Die elektronischen Geräte werden aus seinem Lager im Inland an den Wohnsitz der Privatperson in dem anderen EU-Mitgliedstaat versendet.

Variante 1:

Der Händler überschreitet die Umsatzschwelle von 10.000 EUR nicht und verzichtet auch nicht auf die Anwendung des § 3c Abs. 4 S. 1 UStG (§ 3c Abs. 4 S. 2 UStG).

Lösung Variante 1:

Die Lieferung des Händlers an die Privatperson ist gemäß § 3 Abs. 6 S. 1 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig. § 3c Abs. 1 UStG ist wegen der Ausnahmeregelung von § 3c Abs. 4 S. 1 UStG nicht anzuwenden, weil der Händler nur in einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist und die Umsatzschwelle nicht überschreitet.

Variante 2:

Der Händler überschreitet die unionsweit geltende Umsatzschwelle von 10.000 EUR nach § 3c Abs. 4 S. 1 UStG bzw. verzichtet auf deren Anwendung nach § 3c Abs. 4 S. 2 UStG.

Lösung Variante 2:

Der Ort der Lieferung des Händlers an die Privatperson bestimmt sich nach § 3c Abs. 1 UStG. Deshalb ist der Ort der Lieferung dort, wo sich der Gegenstand bei Beendigung der Versendung an die Privatperson befindet, also in dem anderen EU-Mitgliedstaat. Der Händler kann das besondere Besteuerungsverfahren i. S. d. § 18j UStG (OSS) in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären. Andernfalls hat der Händler den Umsatz in dem anderen EU-Mitgliedstaat im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach den dortigen Verfahrensregeln zu erklären.

 

Rz. 57

Für § 3c Abs. 1 UStG wird nicht vorausgesetzt, dass der liefernde Unternehmer im Inland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig ist. Nach § 3c Abs. 1 S. 2 UStG ist allein entscheidend, dass die Lieferung aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates oder aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in die in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete an den Erwerber befördert oder versandt wird.

 
Praxis-Beispiel

Ein im Drittland ansässiger Händler veräußert über eine eigene Internetseite elektronische Geräte an eine Privatperson im Gemeinschaftsgebiet. Die Ware wird aus dem Lager seiner Betriebsstätte im Inland an den Wohnsitz der Privatperson versendet.

Variante 1:

Der Händler überschreitet die Umsatzschwelle von 10.000 EUR nicht und verzichtet auch nicht auf deren Anwendung nach § 3c Abs. 4 S. 2 UStG.

Lösung Variante 1:

Die Lieferung des Händlers an die Privatperson ist nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig, weil sie nach § 3 Abs. 6 UStG im Inland beginnt. § 3c Abs. 1 UStG ist wegen § 3c Abs. 4 S. 1 UStG nicht anzuwenden, weil der Händler eine Betriebsstätte in nur einem EU-Mitgliedstaat hat und die Umsatzschwelle nicht überschreitet.

Variante 2:

Der Händler überschreitet die Umsatzschwelle von 10.000 EUR bzw. verzichtet auf deren Anwendung nach § 3c Abs. 4 S. 2 UStG.

Lösung Varante 2:

Die Lieferung des Händlers an die Privatperson ist nach § 3c Abs. 1 UStG zu beurteilen. Der Ort der Lieferung ist der Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Versendung an die Privatperson befindet. Der Händler kann das besondere Besteuerungsverfahren i. S. d. § 18j UStG (OSS) in Anspruch nehmen und den Umsatz darüber erklären. Andernfalls hat der Händler den Umsatz im Bestimmungsland im allgemeinen Besteuerungsverfahren nach den Verfahrensregeln des anderen Mitgliedstaats zu erklären.

 

Rz. 58

Nach § 3c Abs. 1 UStG sind auch solche Lieferungen inländischer Unternehmer betroffen, die aus einem im übrigen Gemeinschaftsgebiet belegenen Lager befördert oder versendet werden.

 
Praxis-Beispiel

Der im Inland ansässige Händler veräußert über seine eigene Internetseite elektronische Geräte an eine im Inland ansässige Privatperson. Die Ware wird aus dem Lager des Händlers in einem anderen EU-Mitgliedstaat (aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet) an den Wohnsitz der Privatperson im Inland versendet. Der Händler überschreitet die Umsatzschwelle von 10.000 EUR und wendet das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG (OSS) an.

Lösung:

Auf die Lieferung des Händlers an die Privatperson ist § 3c Abs. 1 UStG anzuwenden. Der Ort der Lieferung ist dort, wo sich der Gegenst...

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