Rz. 18

Die Regelung des § 3d S. 2 UStG greift grundsätzlich auch für innergemeinschaftliche Erwerbe im Rahmen von Reihengeschäften (§ 3 Abs. 6a UStG). Liegen jedoch alle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelungen des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (§ 25b UStG) vor, fällt die Rechtsfolge des § 3d S. 2 UStG für den mittleren Unternehmer (= erster Abnehmer) weg, sodass er keinen innergemeinschaftlichen Erwerb in dem Mitgliedstaat versteuern muss, dessen USt-IdNr. er verwendet hat. Voraussetzung ist, dass der mittlere Unternehmer nachweist, dass sein Erwerb nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt und er seiner Erklärungspflicht nach § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG nachgekommen ist.[1] Da bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften auch der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d S. 1 UStG als besteuert gilt, muss der mittlere Unternehmer weder in dem Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. er verwendet, noch in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern.

 

Rz. 19

Nach § 3d S. 2 2. Alt. UStG i. V. m. § 25b Abs. 2 UStG müssen folgende Voraussetzungen vorliegen und vom mittleren Unternehmer (= erster Abnehmer) nachgewiesen werden, dass beide innergemeinschaftlichen Erwerbe (§ 3d S. 1 und S. 2 UStG) als besteuert gelten:

  • Der Lieferung des mittleren Unternehmers ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorangegangen (§ 25b Abs. 2 Nr. 1 UStG);
  • der mittlere Unternehmer ist in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, nicht ansässig. Er verwendet gegenüber dem ersten Lieferer und dem letzten Abnehmer dieselbe USt-IdNr., die ihm weder vom Abgangs- noch vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilt wurde (§ 25b Abs. 2 Nr. 2 UStG);
  • der mittlere Unternehmer erteilt dem letzten Abnehmer eine Rechnung i. S. d. § 14a Abs. 7 UStG, in der die USt nicht gesondert ausgewiesen ist (§ 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG), die die USt-IdNrn. beider Leistungspartner enthält und die auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft hinweist;
  • der letzte Abnehmer verwendet eine USt-IdNr. des Mitgliedstaates, in dem die Beförderung oder Versendung endet (§ 25b Abs. 2 Nr. 4 UStG);
  • der mittlere Unternehmer macht in seiner ZM nach § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG folgende Angaben (§ 18a UStG Rz. 10):

    • die vom Bestimmungsmitgliedstaat ausgestellte USt-IdNr. des letzten Abnehmers;
    • die Summe der Bemessungsgrundlagen der an den letzten Abnehmer ausgeführten Lieferungen;
    • einen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts.
 
Praxis-Beispiel

Unternehmer F in Frankreich bestellt beim Unternehmer D in Deutschland Ware. Da D die Ware nicht vorrätig hat, bestellt er sie beim Unternehmer B in Belgien, mit der Bitte, sie direkt zu F zu liefern. Alle drei Unternehmer verwenden die ihnen von ihrem Heimatstaat erteilte USt-IdNr. — D hätte zunächst einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Frankreich (Ende der Beförderung) zu versteuern (§ 3d S. 1 UStG). Außerdem hätte D in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern, da er für die Lieferung des B an ihn seine deutsche USt-IdNr. verwendet hat und die Warenbewegung nicht in Deutschland endete (§ 3d S. 2 UStG). Dieser Erwerb steht unter der auflösenden Bedingung, dass D nachweist, dass sein innergemeinschaftlicher Erwerb in Frankreich gem. § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt. Dies kann D unter den Voraussetzungen des § 25b Abs. 2 UStG durch Verlagerung der Steuerschuld auf F erreichen. Hierzu muss D als erster Abnehmer seiner Erklärungspflicht gem. § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG nachkommen und in seiner Rechnung an F USt nicht gesondert ausweisen, sowohl seine als auch die USt-IdNr. des F angeben und auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft hinweisen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gilt sowohl der innergemeinschaftliche Erwerb des D in Frankreich als auch sein innergemeinschaftlicher Erwerb in Deutschland als besteuert.

 

Rz. 20

Solange der mittlere Unternehmer folglich seiner Erklärungspflicht nach § 18a Abs. 7 S. 1 Nr. 4 UStG nicht nachkommt, wird ein Erwerb im Mitgliedstaat der verwendeten USt-IdNr. des mittleren Unternehmers fingiert, unabhängig davon, dass der Erwerb im Bestimmungsstaat nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt. Zumindest, sofern der Unternehmer die Erklärung später nachholt, dürfte dem Rückwirkung zukommen, sodass der Erwerb nach § 3d S. 2 UStG dennoch als besteuert gilt.[2]

Gleiches dürfte insoweit sowie vor dem Hintergrund weiterer Rechtsprechung des EuGH zur Bedeutung formeller Voraussetzungen gelten, soweit Rechnungen des mittleren Unternehmers keinen Hinweis auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft enthalten.[3] Ein materielles Recht des Unternehmers darf nach dieser Rechtsprechung nicht allein aufgrund formeller Mängel unverhältnismäßig eingeschränkt werden.

[1] S hierzu aber Rz 20.
[2] EuGH v. 19.4.2018, C-580/16, Hans Bühler KG, Haufe-Index 11672455.
[3] EuGH v. 15.9.2016, C-518/14, Senatex, BFH/NV 2016, 1870 und EuGH v. 15.9.2016, C-516/14...

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