1.2.1 Frühere Änderungen
Rz. 4
Eine Steuerbefreiung für Leistungen der Wohlfahrtspflege gab es bereits im UStG 1919: Nach § 3 Nr. 2 dieses Gesetzes waren befreit Umsätze "von Unternehmen und einzelnen Zweigen von Unternehmen, deren Zwecke ausschließlich gemeinnützig und wohltätig sind, soweit es sich um solche Umsätze dieser Unternehmen handelt, bei denen Entgelte hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmungen vereinnahmten Entgelten zurückbleiben". Im UStG 1934 war diese Befreiung nicht mehr enthalten. Als Begründung wurde angegeben, dass eine derartige Befreiung mit dem Wesen der USt als allgemeiner Verbrauchsteuer nicht vereinbar sei. Mit Wirkung ab 1.7.1951 wurde die Steuerbefreiung für Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege einschließlich der angeschlossenen Untergliederungen und Anstalten wieder eingeführt. Eine Erweiterung wurde als § 4 Nr. 18 S. 2 in das UStG 1967 aufgenommen: Befreit waren seitdem auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die dem bei den befreiten Leistungen tätigen Personal als Vergütung für geleistete Dienste gewährt werden. § 4 Nr. 18 UStG war dann zum 1.1.1980 unverändert aus § 4 Nr. 18 UStG 1967/1973 übernommen worden und war bis 31.12.2019 im Wesentlichen unverändert geblieben.
Rz. 5
Eine Liste der Vereinigungen, die als amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege gelten, enthielt § 1 der 3. UStDV 1967/1973. Sie war zum 1.1.1980 – erweitert um die Bundesarbeitsgemeinschaft "Hilfe für Behinderte" – in § 23 UStDV 1980 übernommen worden.
Rz. 6
Durch Art. 1 Nr. 20 der Neunten Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung v. 3.12.1992 wurde mWv 1.1.1993 (Art. 2 der Neunten Verordnung) die Liste der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege in § 23 UStDV um den Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner Deutschland e. V. ergänzt. § 23 Nr. 4 UStDV wurde durch Art. 10 Nr. 2 des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 v. 22.12.1999 mWv 1.1.2000 (Art. 28 Abs. 1 des Gesetzes) neu gefasst in "Deutsches Rotes Kreuz e. V". Die Liste der Einrichtungen gem. § 23 UStDV wurde schließlich durch Art. 9 des JStG 2008 v. 20.12.2007 mWv 29.12.2007 neu gefasst. Es handelte sich um eine redaktionelle Anpassung, mit der die aktuellen Bezeichnungen der Verbände der freien Wohlfahrtspflege übernommen wurden.
Rz. 7
Durch Art. 6 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen und weiterer Vorschriften wurde die in § 23 UStDV enthaltene Liste der amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbände mWv 30.12.2014 an zwei Stellen erneut verändert. Bei der Neufassung der Nr. 1 der Liste handelt sich um eine redaktionelle Änderung aufgrund der Fusion des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland e. V. mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst e. V. zum Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. In die neue Nr. 12 wurde der Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. aufgenommen, der bundesweit im Bereich der Wohlfahrtspflege tätig ist und ab 30.12.2014 als amtlich anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege galt.
1.2.2 Im Rahmen des Entwurfs eines JStG 2013 vorgesehene Änderungen
Rz. 8
Anlässlich des Regierungsentwurfs eines Jahressteuergesetzes (JStG) 2013 hatte der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags dem Deutschen Bundestag u. a. eine Neufassung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG für Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit mit Inkrafttreten zum 1.1.2013 zur Beschlussfassung empfohlen. Folgende Neufassung von § 4 Nr. 18 UStG war vorgesehen:
„18. |
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Einrichtungen mit sozialem Charakter i. S. dieser Vorschrift sind Einrichtungen, deren Einnahmen im vorangegangenen Kj. ganz oder zum überwiegenden Teil aus
- Zahlungen der Staatskasse oder der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge oder Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts oder
Zuwendungen i. S. d. § 10b Abs. 1 EStG oder des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG bestanden. Für die in § 4 Nr. 15, 15a, 16, 25 und Nr. 27 Buchst. b (UStG) genannten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;”
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Rz. 9
Die vorgesehene Neukonzeption war vor dem Hintergrund der Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH zu sehen. Nach Auffassung des BFH hatte der nationale Gesetzgeber Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nur unvollständig dadurch "umgesetzt", dass er di...