Rz. 22

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG i. d. F. bis 31.12.2019 ist davon abhängig, dass die Aufnahme von Jugendlichen zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken erfolgt. Begünstigt ist auch die Aufnahme von Säuglingen (das Gesetz verwendet allerdings nicht explizit diesen Begriff, sondern stellt – semantisch nicht ganz zutreffend – den Begriff der Jugendlichen in diesen Zusammenhang) für Zwecke der Säuglingspflege. § 4 Nr. 23 UStG befreit die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung und damit zusammenhängende "übliche Naturalleistungen", wie z. B. die Beaufsichtigung von Hausarbeiten oder Freizeitangebote (Sport, Spiele, Basteln). Voraussetzung ist, dass überwiegend Jugendliche (bis zum Alter von 27 Jahren) zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken aufgenommen werden. "Aufnahme" i. d. S. setzt ein Obhuts- und Betreuungsverhältnis voraus. Für die Frage des Überwiegens ist auf den Personenkreis abzustellen, den der Unternehmer zu den begünstigten Zwecken i. S. dieser Vorschrift aufnimmt. Eine bestimmte Aufnahmedauer ist nicht vorgeschrieben, sie muss aber solange andauern, dass der im Gesetz vorausgesetzte Erziehungszweck erreicht werden kann. Der BFH hat[1] eine fünfstündige Aufnahme von Schülern an allen Schultagen in der Arbeits- und Freizeit als ausreichend erachtet.

 

Rz. 23

Nach § 4 Nr. 23 UStG i. d. F. bis 31.12.2019 ist die Aufnahme zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken jedoch von Leistungen der Beherbergung und Beköstigung während eines kurzfristigen Urlaubsaufenthalts oder Fahrten mit Freizeitangebot und Freizeitgestaltung abzugrenzen. Die Beherbergung und Verköstigung von Jugendlichen für ca. eine Woche in einem Urlaubsaufenthalt mit Freizeitangebot und Freizeitgestaltung erfüllt die im Gesetz vorausgesetzte "Aufnahme zu Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungszwecken" jedenfalls nicht.[2] So hat der BFH[3] z. B. die Durchführung von Kanutouren für Schulklassen als steuerpflichtige Leistung beurteilt, weil mangels Gesamtverantwortung des Unternehmers weder eine "Aufnahme" von Jugendlichen vorlag, noch der Erziehungszweck erfüllt wurde. Etwaige Erziehungsleistungen durch den Unternehmer waren aufgrund des Ablaufs und der kurzen Dauer des Aufenthalts von untergeordneter Bedeutung. In seinem Urteil v. 30.7.2008[4], bei dem es um die Beherbergung und Beköstigung von Kindern und Jugendlichen auf einem Ferienbauernhof ging, hat der BFH entsprechend entschieden. Die Leistungen sind nur steuerfrei, wenn dem Unternehmer selbst die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der aufgenommenen Kinder und Jugendlichen obliegen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass er diese Leistungen allein erbringt. Die bloße Bewirtung und Beköstigung stellt keine Aufnahme zu dem begünstigten Zweck dar. Das gilt auch für derartige Leistungen von Schulfördervereinen, wenn diese die Kinder nicht bei sich aufnehmen und selbst keine Erziehungs- oder Ausbildungsleistungen erbringen.

4.1 Aufnahme von Jugendlichen

 

Rz. 24

Steuerbegünstigt ist nach § 4 Nr. 23 UStG i. d. F. bis 31.12.2019 nur die Aufnahme von Jugendlichen (oder Säuglingen). Jugendliche sind per definitionem (§ 4 Nr. 23 S. 2 UStG i. d. F. bis 31.12.2019, § 4 Nr. 23 S. 3 UStG i. d. F. ab 1.1.2020) alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahrs. Ab 1.1.2020 ist Gegenstand der Begünstigung nicht mehr die "Aufnahme" von Jugendlichen, sondern die Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen sowie die Verpflegung von Studierenden und Schülern.

 

Rz. 25

Voraussetzung nach § 4 Nr. 23 UStG i. d. F. bis 31.12.2019 ist, dass überwiegend Jugendliche für die aufgezählten begünstigten Zwecke aufgenommen werden. Für die Beurteilung der Frage des "Überwiegens" ist nach dem Wortzusammenhang der Vorschrift auf den Kreis der Personen abzustellen, die zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken aufgenommen worden sind. Das Tatbestandsmerkmal des "Überwiegens" ist immer zu bejahen, wenn der Unternehmer nur Jugendliche zu Ausbildungszwecken bei sich aufgenommen hat. Unerheblich ist, wenn andere Personen im Unternehmen zu nicht begünstigten Zwecken i. S. d. Vorschrift aufgenommen werden.[1]

 

Rz. 26

Für die Anwendbarkeit von § 4 Nr. 23 UStG i. d. F. bis 31.12.2019 kommt es nicht darauf an, ob die Erziehungsmaßnahmen gegenüber Beherbergungs-, Beköstigungs- und üblichen Naturalleistungen überwiegen, sondern darauf, ob mehr Personen für begünstigte Zwecke als aus anderen Gründen aufgenommen werden, wobei dabei aber weniger auf die Zahl der Personen als auf die Zahl der gewährten Übernachtungen abzustellen ist. Nur wenn die begünstigten Leistungen ohne Zusammenhang mit Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken gewährt werden würden (z. B. in Erholungsheimen), würden sie nicht nach § 4 Nr. 23 UStG steue...

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