Rz. 16

§ 4 Nr. 27 Buchst. a UStG beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. k MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die unter den Buchstaben b), g), h) und i) genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistandes". Befreit sind damit Personalgestellungen für folgende Zwecke:

  • Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden[1],
  • eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen[2],
  • eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen[3],
  • Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- oder Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.[4]
 

Rz. 17

§ 4 Nr. 27 Buchst. b UStG beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden". § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG setzt diese Vorschrift zum einen nicht ganz zutreffend um, weil im Bereich der Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften nur Leistungen von juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts begünstigt sind, nicht aber Unternehmer mit anderen Rechtsformen, z. B. natürliche Personen oder Personengesellschaften. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Einrichtungen im Unionsrecht. Der EuGH[5] hatte zunächst entschieden, natürliche Personen erfüllten diesen Begriff nicht. Der EuGH hat diese Entscheidung v. 11.8.1995 – wenn auch nicht ausdrücklich – revidiert. Die in den Buchstaben b und g von Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL enthaltenen Begriffe "andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtungen gleicher Art" und "andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" umfassen auch natürliche Personen.[6] Der Begriff der Einrichtung setzt also insbesondere keine bestimmte Rechtsform voraus.

 

Rz. 18

Auch das Niedersächsische FG[7] geht davon aus, soweit in der deutschen Regelung der Kreis der Begünstigten auf juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts beschränkt wird, ist diese Regelung mit dem EU-Recht (Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL) nicht vereinbar. Es bestehe mit Blick auf die BFH-Rechtsprechung[8] allerdings die Möglichkeit, sich unmittelbar auf die vorteilhaftere Regelung des EU-Rechts zu berufen. Dem dürfte allerdings die in der nachstehenden Rz. angesprochene BFH-Rechtsprechung entgegenstehen. Auch die Finanzverwaltung geht zwar davon aus, dass ein Einzelunternehmer steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 27 Buchst. b UStG durch die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung erbringen kann.[9] Für die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gilt dies allerdings eindeutig nicht.[10]

 

Rz. 19

Zudem hat der BFH[11] entschieden, entgeltliche Personalgestellungen sind keine im sozialen Bereich erbrachten Gemeinwohldienstleistungen i. S. d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Da Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL auf Personengestellungsleistungen nicht anzuwenden ist, lässt sich eine Steuerbefreiung auch nicht aus der früheren EuGH-Rechtsprechung zu Art. 13 Abs. 1 Buchst. i und g der 6. EG-Richtlinie herleiten. Entgeltliche Personalgestellungen stellen als solche keine im sozialen Bereich erbrachten Gemeinwohldienstleistungen dar und sind somit keine "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Umsätze" i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Dies gilt auch dann, wenn die aufgrund der Gestellung auszuführende Tätigkeit als Leistung der Sozialfürsorge zu charakteris...

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