1 Allgemeines
1.1 Vorbemerkung, Zweck und Bedeutung der Vorschrift
Rz. 1
§ 4 Nr. 6 Buchst. a UStG dient der Verwaltungsvereinfachung. Probleme der Umsatzbesteuerung im Grenzeisenbahnverkehr, die sich aus der Verflechtung der Eisenbahnen im Rahmen internationaler Übereinkommen ergeben, sollen vermieden werden. Die Eisenbahnen des Bundes erbringen auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken Leistungen an ausländische Eisenbahnverwaltungen (z. B. Überlassung von Anlagen und Räumen, Personalgestellungen und Lieferungen von Betriebsstoffen, Schmierstoffen und Energie). In der Vorschrift wird zugelassen, dass diese Umsätze nicht besteuert werden. Auswirkungen auf die steuerliche Belastung des Endverbrauchs ergeben sich hierdurch nicht, da die ausländischen Eisenbahnverwaltungen bei einer Erhebung der Umsatzsteuer diese in voller Höhe als Vorsteuer abziehen könnten.
Rz. 2
Die Verwaltungsvereinfachung, die mit der Steuerbefreiung verbunden ist, trägt den Schwierigkeiten im Bereich des Grenzeisenbahnverkehrs infolge der rechtlichen und tatsächlichen Verflechtung der Eisenbahnen im Rahmen internationaler Übereinkommen Rechnung. Solche schon vor Einführung der Mehrwertsteuer abgeschlossene Übereinkommen beruhen z. T. auf zwischenstaatlichen Abkommen (Staatsverträgen), teilweise auf bilateralen und multilateralen Vereinbarungen zwischen den Eisenbahnverwaltungen. Die hierin im Interesse eines schnellen und reibungslosen Grenzübergangs der Züge und auch im Interesse der Verwaltungsvereinfachung festgeschriebenen Regeln sehen grundsätzlich einen Naturalausgleich in der Form vor, dass die gegenseitigen Leistungen der Eisenbahnen in diesem Bereich als ausgeglichen gelten. Dieses Ausgleichsverfahren würde umsatzsteuerrechtlich zu tauschähnlichen Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 12 UStG führen. Ohne die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG müssten, um die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage zu bestimmen, sämtliche Leistungen erfasst und bewertet werden. Hierfür wäre eine Anpassung der zwischenstaatlichen Abkommen und Vereinbarungen erforderlich, die mit der Steuerbefreiung ebenfalls vermieden wird.
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 3
Die Vorschrift war zum 1.1.1980 als § 4 Nr. 6 neu in das UStG aufgenommen worden. Damit entfiel § 4 Nr. 6 UStG 1973 mit seinem alten Regelungsinhalt (z. B. Beförderungen auf Wasserstraßen, Schleppen von Schiffen und Flößen, Vercharterung von Schiffen für die Binnenschifffahrt). Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs v. 15.3.1978 sollten durch die Vorschrift "die Leistungen der Deutschen Bundesbahn auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken (Strecken zwischen einem Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhof und der Grenze) und Durchgangsstrecken an ausländische Eisenbahnverwaltungen von der Umsatzsteuer freigestellt" werden. Diese Freistellung diene der Verwaltungsvereinfachung und sei durch Art. 27 der 6. EG-Richtlinie gedeckt.
Rz. 4
Durch Gesetz v. 19.12.1985 wurde der Regelungsinhalt mWv 1.1.1987 unverändert in § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG übernommen.
Rz. 5
Durch Gesetz v. 23.9.1990 erhielt die Regelung mWv 1.1.1991 folgende Fassung: "die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland". Damit galt § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG auch für die Deutsche Reichsbahn der ehemaligen DDR.
Rz. 6
Mit Gesetz v. 27.12.1993 wurden mWv 1.1.1994 die Worte "der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn" durch "der Eisenbahnen des Bundes" ersetzt. Seither ist die Befreiungsvorschrift unverändert geblieben.
1.3 Unionsrecht
Rz. 7
§ 4 Nr. 6 Buchst. a UStG hat keine unmittelbare Grundlage in der MwStSystRL. Bei der Regelung handelt es sich um eine Sondermaßnahme, die sich auf Art. 394 MwStSystRL stützt. Danach können die Mitgliedstaaten Sondermaßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung oder zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, die sie am 1.1.1977 angewandt haben, aufrechterhalten. Diese Sonderregelungen mussten der EU-Kommission vor dem 1.1.1978 mitgeteilt werden. Dieser Pflicht war die Bundesregierung seinerzeit für § 4 Nr. 6 Buchst. a UStG nachgekommen.
Rz. 8 – 9 einstweilen frei