Rz. 73
In die öffentliche Anhörung des BT-Finanzausschusses zu dem (der Diskontinuität unterfallenden) Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des UStG (dieser Regierungsentwurf enthielt lediglich eine Änderung der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 11b UStG für Postdienstleistungen) war ein Vorschlag des BMF einbezogen worden, der die Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung – § 4 Nr. 29 UStG (neu) – für Leistungen von Gemeinschaften (Personenzusammenschlüssen) an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke ihrer nach § 4 Nr. 8 und/oder Nr. 10 UStG steuerfreien Finanz- und Versicherungsumsätze vorsah. Damit sollten insbesondere im Kreditgewährungs- und Kreditverwaltungsgeschäft der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken (aber auch anderer, privatrechtlich organisierter Kreditinstitute) ausgelagerte Leistungen gegen reinen Kostenersatz umsatzsteuerfrei gestellt werden. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung ebenfalls die Einführung einer solchen Umsatzsteuerbefreiung gefordert. Auslöser dieses Vorschlags waren (noch anhaltende) Entwicklungen im Finanzsektor, Kostensynergien durch Outsourcing, d. h. Auslagerung banktechnischer Tätigkeiten auf externe Dienstleistungsunternehmen, zu nutzen. Ein Beispiel hierfür sind zu diesem Zweck (vor allem im Sparkassensektor) gegründete gemeinsame Unternehmen ("Kreditfabriken"). Diese übernehmen sämtliche banktypische Tätigkeiten im Vorfeld einer Kreditgewährung und die nachgelagerte Kreditverwaltung (z. B. Bonitätsprüfungen, Ermittlung von Kreditsicherheiten, Einziehung der Rückzahlungsraten u. Ä.). Bislang sind solche Outsourcingtätigkeiten regelmäßig umsatzsteuerpflichtig mit der Folge, dass die USt wegen fehlender Vorsteuerabzugsmöglichkeit bei der die Leistung empfangenden Bank zum Kostenfaktor wird, was nach Ansicht der Betroffenen die Wirtschaftlichkeit der Outsourcingmodelle infrage stellt.
Rz. 74
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf eines JStG 2010 erneut die Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen von Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder im Bereich des Banken- und Versicherungswesens für unmittelbare Zwecke ihrer steuerfreien Finanz- und Versicherungsumsätze (§ 4 Nr. 29 UStG neu) gefordert. Die Bundesregierung hatte in ihrer Gegenäußerung zugesagt, den Vorschlag zu prüfen. Die Koalitionsfraktionen haben diesen Vorschlag nicht aufgegriffen; in dem Gesetzesbeschluss des Bundestags v. 28.10.2010 zum JStG 2010 ist diese Steuerbefreiung nicht enthalten. Der Bundesrat hatte am 26.11.2010 dem JStG 2010 zugestimmt. Damit wurde die vom Bundesrat zunächst vorgeschlagene Steuerbefreiung für Leistungen von Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder im Bereich des Banken- und Versicherungswesens bislang nicht eingeführt.
Rz. 75
Damit bleibt es vorerst lediglich bei der Verwaltungsregelung, wonach die Umsatzsteuerbefreiung für die Gewährung von Krediten nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG auf Leistungen einer sog. Kreditfabrik im Vorfeld der Gewährung von Krediten anwendbar ist. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leistung der Kreditfabrik – folgend der EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache SDC ein "im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes" ist, das die "spezifischen und wesentlichen Funktionen" einer Kreditgewährung erfüllt. Die Leistung muss zusätzlich zu rechtlichen und finanziellen Änderungen aufseiten des Kunden des Kreditinstituts führen. Die Steuerbefreiung setzt somit voraus, dass die Leistungen im Vorfeld der Kreditgewährung als Gesamtheit erbracht werden. Dies bedeutet, dass mindestens alle Tätigkeiten mit Ausnahme des von der Bank geführten Kundengesprächs und der durch die Bank vorgenommenen Einholung der Kundenunterschrift übernommen werden müssen. Einzelne Leistungen können für sich genommen nicht steuerfrei sein. Die Leistungen der Kreditfabrik im Hinblick auf die Verwaltung von Krediten nach Kreditgewährung sind nach geltender Rechtslage umsatzsteuerpflichtig. Diese Kreditverwaltungsleistungen können auch nicht als Nebenleistung zu der unter den o. g. Voraussetzungen steuerfreien Leistung im Vorfeld der Kreditgewährung angesehen werden. Diese Kreditverwaltungsleistungen sollten ursprünglich jedoch – unter den Voraussetzungen einer künftigen gesetzlichen Regelung wie die Leistungen im Vorfeld der Kreditgewährung – steuerfrei behandelt werden. Diese im Verwaltungswege gewährte Steuerbefreiung von Kreditverwaltungsleistungen nach einer Kreditgewährung wurde jedoch mit einer Übergangsregelung bis zum 31.12.2012 aufgehoben. Dies bedeutet, dass ab dem 1.1.2013 erbrachte entsprechende Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind.
Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL (Leistungen von Personenzusammenschlüssen an deren Mitglieder für Zwecke deren steuerfreier oder nicht steuerbarer Tätigkeiten – Kreditfabriken sind regelmäßig solche Personenzusammenschlüsse) aufgrund ihrer systematischen S...