3.1 Allgemeines
Rz. 10
Mit Wirkung vom 1.1.2020 ist § 6b UStG in Kraft getreten. Er setzt Art. 17a MwStSystRL in nationales Recht um.
Im Rahmen der Einführung des § 6b UStG haben sich auch Änderungen bei den Aufzeichnungspflichten, der ZM und beim innergemeinschaftlichen Erwerb ergeben. Darauf wird nachstehend an geeigneter Stelle hingewiesen.
Unbestreitbarer Vorteil der in Art. 17a MwStSystRL und § 6b UStG niedergelegten Konsignationslagerregelung ist, dass sie EU-weit unter den gleichen Voraussetzungen anzuwenden und damit harmonisiert ist. Allerdings wird im Ergebnis nicht die in Rz. 7 dargestellte recht einfach anzuwendende Lösung des BFH umgesetzt, sondern ein ganz neuer Weg beschritten (Rz. 11).
3.2 Gesetzliche Konsignationslagerregelung
Rz. 11
Das Verbringen eines Gegenstands aus dem Gebiet eines Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats in ein sog. Konsignationslager für Zwecke einer späteren Lieferung dieses Gegenstands ist seit dem 1.1.2020 gem. § 6b Abs. 2 UStG wie folgt zu beurteilen:
1. Das Verbringen an den Erwerber wird beim Lieferer im Abgangsmitgliedstaat keiner steuerbaren und steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung durch Verbringen gleichgestellt. Es wird aber auch nicht – wie bei der BFH-Lösung in Rz. 7- in eine "echte" innergemeinschaftliche Lieferung umgewandelt, sondern mutiert im Ergebnis zu einem nicht steuerbaren Vorgang, Rz. 34.
2. Gleichzeitig wird dieses Verbringen im Bestimmungsmitgliedstaat beim Erwerber keinem steuerbaren innergemeinschaftlichen Erwerb gleichgestellt. Es wird aber auch nicht zu einem innergemeinschaftlichen Erwerb beim Erwerber, sondern führt ebenfalls zu einem nicht steuerbaren Vorgang, Rz. 34.
Erst die spätere Lieferung im Bestimmungsmitgliedstaat beim Verlassen des Konsignationslagers führt beim Lieferer zu einer steuerbaren und steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung im Abgangsmitgliedstaat und beim Erwerber zu einem steuerbaren und i. d. R. steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat.
Rz. 12
Damit wird im Ergebnis vermieden, dass sich der Lieferer im Bestimmungsmitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfassen lassen muss. Allerdings ist dieser eigentlich ganz einfache Vorgang an ein gewaltiges Bündel von materiell-rechtlichen Voraussetzungen geknüpft und damit weit entfernt von der bestechend einfachen Lösung des BFH, Rz. 7.
Das Nichtvorliegen, Nichtbeachten oder der Wegfall einer dieser Voraussetzungen kann die Nichtanwendung der Konsignationslagerregelung auslösen. Die Rechtsfolge wäre wohl nach § 6b Abs. 6 S. 1 UStG, dass der im Ursprungsmitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste Unternehmer entgegen der Zielsetzung des § 6b UStG im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerliche Verpflichtungen zu erfüllen hätte (Rz. 45). Fraglich ist, ob die Beteiligten aber auch bewusst auf die Anwendung der Konsignationslagerregelung i. S. v. § 6b UStG optional verzichten können und dann die viel einfachere in Rz. 7 beschriebene "BFH-Lösung" anwenden könnten, Rz. 45.
3.3 Tatbestandliche Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung
3.3.1 Allgemeines
Rz. 13
Der Begriff der Konsignationslagerregelung wird zwar sowohl in § 6b UStG als auch in Art. 17a MwStSystRL sowie in der MwStDV verwendet aber nicht definiert. Ausweislich der Gesetzesbegründung betrifft die Regelung ein Konsignationslager bzw. call-off-stock oder Auslieferungslager. Ferner ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Ort, an den der Gegenstand im Zuge des Transports im Bestimmungsmitgliedstaat gelangt, in der Vorschrift (ebenso wie im zugrundeliegenden Unionsrecht) nicht definiert werde und müsse somit nicht zwingend ein Lager als solches sein. Die Ware könne an jedem räumlich und physisch bestimmbaren Ort im Bestimmungsmitgliedstaat zwischengelagert werden (z. B. auch in einem Eisenbahnwaggon). Diese Aussagen übernimmt auch Abschn. 6b.1 Abs. 6 UStAE, der als weitere Beispiele ortsfeste Behälterlager (ober- oder unterirdische Tanklager), Container, Trailer oder Binnenschiffe aufführt. Voraussetzung sei aber, dass die eingelagerten Gegenstände der Art und Menge nach bestimmbar seien und mit den Aufzeichnungen nach § 22 Abs. 4f UStG übereinstimmen. Für den Fall, dass es sich um ein Lager als solches handele, könne dieses sowohl auf Initiative des Unternehmers, der den Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat befördert oder versendet hat, als auch auf Initiative des späteren Erwerbers der Ware oder auf Initiative eines Dritten (selbstständiger Lagerhalter) eingerichtet sein.
Die Definition der Konsignationslagerregelung ergibt sich damit lediglich aus der gesetzlichen Beschreibung des Vorgangs sowie weiteren Ausführungen in Abschn. 6b.1 Abs. 4 UStAE.