3.5.1 Allgemeines
Rz. 39
Nachfolgend werden Rechtsfolgen beschrieben, wenn Änderungen im Ablauf, Fehler oder andere Ereignisse eintreten. Auch wird der Frage nachgegangen, ob die Regelung des § 6b UStG optional genutzt werden kann.
3.5.2 Einlagerung über 12 Monate
Rz. 40
Wird gem. § 6b Abs. 3 UStG die Lieferung an den Erwerber nicht binnen 12 Monaten nach dem Ende der Beförderung oder Versendung des Gegenstands bewirkt, gilt grundsätzlich am Tag nach Ablauf des Zeitraums von 12 Monaten die Beförderung oder Versendung des Gegenstands als einer innergemeinschaftlichen Lieferung und Erwerb gleichgestelltes Verbringen.
Dies gilt allerdings nicht, wenn die Voraussetzungen des § 6b Abs. 4 UStG vorliegen. Dazu muss der Gegenstand vor Ablauf der 12 Monate aus dem Bestimmungsmitgliedstaat in den Abgangsmitgliedstaat zurückgelangen und der Lieferer muss das Zurückgelangen des Gegenstands nach Maßgabe des § 22 Abs. 4f UStG gesondert aufzeichnen.
Rz. 41
Liegen die Voraussetzungen des § 6b Abs. 4 UStG nicht vor, muss der Lieferer im Abgangsmitgliedstaat ein einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestelltes Verbringen und im Bestimmungsmitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb durch Verbringen besteuern mit der Folge, dass er sich nunmehr doch im Bestimmungsmitgliedstaat registrieren lassen muss. Diese Rechtsfolge ist m. E. und nach Verwaltungsauffassung zwingend. Es kann dann nicht optional auf die in Abschn. 1a.2 Abs. 6 S. 6 UStAE geschilderte Vereinfachungsregelung ausgewichen werden.
M.E. erfordert dieser Vorgang dann eine erneute Anmeldung einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung im Abgangsmitgliedstaat in der Umsatzsteuer-Voranmeldung und die erneute Abgabe einer ZM unter Verwendung der eigenen im Bestimmungsmitgliedstaat zu besorgenden USt-IdNr.
Im Bestimmungsmitgliedstaat ist dann ein i. d. R. steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb anzumelden. Im Wesentlichen entspricht dies wieder dem Verfahren lt. Rz. 2 und Rz. 3. M.E. ist diese Rechtsfolge zwingend. Ein analoger Anwendungsfall, wie in Rz. 45 beschrieben, ist nicht anzunehmen, da die Lagerung nicht mehr kurzfristig war.
3.5.3 Wechsel des Erwerbers
Rz. 42
Stand zu Beginn der Beförderung oder Versendung zwar ein Erwerber nach Maßgabe des § 6b Abs. 1 UStG fest, soll dann aber doch an einen anderen Erwerber geliefert werden, so ist dies innerhalb von 12 Monaten nach dem Ende der Beförderung bzw. Versendung möglich, und zwar unter den Voraussetzungen des § 6b Abs. 5 UStG.
Rz. 43
Voraussetzung ist, dass
- der andere Erwerber gegenüber dem Lieferer die ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr. verwendet,
- dem Lieferer der vollständige Name und die vollständige Anschrift des anderen Erwerbers bekannt ist und
- der Lieferer den Erwerberwechsel nach Maßgabe des § 22 Abs. 4f UStG gesondert aufzeichnet.
Rz. 44
Gelingt der Erwerberwechsel unter den vorgenannten Voraussetzungen nicht, treten grundsätzlich die in Rz. 40 beschriebenen Rechtsfolgen des § 6b Abs. 3 und 4 UStG an dem Tag vor der Lieferung ein, aber Rz. 45.
3.5.4 Wegfall einer Tatbestandsvoraussetzung nach § 6b Abs. 1 und 5 UStG
Rz. 45
Fällt eine der Voraussetzungen nach § 6b Abs. 1 und 5 UStG binnen 12 Monaten nach dem Ende der Beförderung oder Versendung des Gegenstands und vor dem Zeitpunkt der Lieferung weg, gilt gem. § 6b Abs. 6 S. 1 UStG am Tag dieses Ereignisses die Beförderung oder Versendung des Gegenstands als das einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellte Verbringen. Es sollen dann wieder die in Rz. 40 genannten Rechtsfolgen eintreten.
Liegt jedoch eine der vorgenannten Tatbestandsvoraussetzungen des § 6b UStG von vorneherein nicht vor, treten die Rechtsfolgen des § 6b Abs. 2 UStG von vorneherein nicht ein.
Somit könnte man im Bedarfsfall bewusst die Rechtsfolgen des § 6b UStG nicht eintreten lassen, indem man ein notwendiges Tatbestandsmerkmal weglässt. Damit läge faktisch eine Optionsmöglichkeit vor. Am einfachsten dürfte es sein, wenn der Lieferer die in § 6b Abs. 1 Nr. 4 UStG genannte ZM nicht übermittelt. Dann treten die Rechtsfolgen des § 6b UStG von vorneherein nicht ein. Es treten dann – je nach Einzelfall – die Rechtsfolgen ein, die bis zum 31.12.2019 galten. Dabei gilt es aber zusätzlich im Einzelfall zu prüfen, wie die jeweiligen Mitgliedstaaten seit dem 1.1.2020 mit derartigen Fällen verfahren. In den Fällen, in denen Deutschland der Bestimmungsmitgliedstaat ist, ist m. E. weiterhin Abschn. 1a.2 Abs. 6 S. 4-9 UStAE anwendbar.
Diese Auffassung macht sich m.E auch die Verwaltung zu eigen. Gem. Abschn. 6b.1 Abs. 19 S. 1 UStAE kann der liefernde Unternehmer durch die Nichterfüllung einer dieser Voraussetzungen oder Überschreiten der 12-Monatsfrist (Rz. 30) erreichen, dass die Vereinfachungsregelung nach § 6b UStG kei...