1 Begriff des Konsignationslagers
Rz. 1
Ein Konsignationslager ist ein Warenlager (Auslieferungslager, international: "Call-off stock"), das ein Unternehmer bei einem Abnehmer unterhält und aus dem der Abnehmer bei Bedarf Waren entnehmen kann. Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über. Abschn. 6b.1 Abs. 1 S. 1 UStAE verwendet auch den Begriff "Lager zu Abrufzwecken im Gemeinschaftsgebiet".
2 Rechtslage im Binnenmarkt bis 31.12.2019
2.1 Allgemeines
Rz. 2
Nach der bis 2017 geltenden Verwaltungsauffassung: Lieferte ein im Ausland für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer Gegenstände aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet (§ 1 Abs. 2a S. 1 UStG) in ein von ihm im Inland unterhaltenes Konsignationslager, aus dem der inländische Abnehmer Waren bei Bedarf entnahm, verschaffte der im Ausland ansässige Unternehmer dem Abnehmer grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager die Verfügungsmacht gem. § 3 Abs. 1 UStG.
Dies hatte zur Folge, dass sich der im Ausland ansässige Unternehmer bei dem für ihn nach § 1 UStZustV örtlich zuständigen Finanzamt registrieren lassen musste und dort seine steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze anmelden musste.
Rz. 3
Als weitere Rechtsfolge ergab sich bereits im Zeitpunkt des Verbringens der Ware ein i. d. R. stpfl. innergemeinschaftlicher Erwerb gem. § 1a Abs. 2 UStG für den im Ausland ansässigen Unternehmer im Inland mit Erwerbsort gem. § 3d S. 1 UStG. Dies erforderte dann zusätzlich eine deutsche USt-IdNr., und die Abgabe einer ZM im Ursprungsmitgliedstaat.
U1 aus Frankreich verbringt mit eigenem Fahrzeug am 1.5.01 Gegenstände in ein im Inland belegenes Konsignationslager. Die dort eingelagerten Gegenstände liefert U1 am 1.6.01 an den im Inland ansässigen Unternehmer U2, der die Gegenstände im Lager abholt und zu seinem Unternehmen transportiert. Der Abnehmer U2 hat zu Beginn der Beförderung bereits festgestanden. Beide Unternehmer treten unter der von ihrem Mitgliedstaat erteilten USt-IdNr. auf.
U1 tätigt mit der Beförderung der Ware ein innergemeinschaftliches Verbringen in Frankreich am 1.5.01. Der Ort des Verbringens liegt in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 6 S. 1 UStG am Beginn der Beförderung. Die Lieferung ist in Frankreich steuerbar in analoger Anwendung der §§ 3 Abs. 1a, 6a Abs. 2 UStG und steuerfrei analog § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG. Gleichzeitig unterliegt der Vorgang der Erwerbsbesteuerung durch Verbringen bei U1 im Inland. Es liegt ein steuerbarer und steuerpflichtiger innergemeinschaftlichen Erwerb vor (§ 1 Abs. 1 Nr. 5, § 1a Abs. 2 UStG, § 3d S. 1 UStG).
Rechtsfolge für U1 ist die Registrierung bei dem für Frankreich zentral zuständigen Finanzamt und die Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung mit dem steuerpflichtigen Erwerb. Zudem benötigt U1 zusätzlich eine deutsche USt-IdNr. Die anzumeldende Erwerbssteuer kann allerdings gleichzeitig gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG als Vorsteuer wieder abgezogen werden. In Frankreich hat U1 eine ZM abzugeben.
Am 1.6.01 tätigt U1 eine steuerbare Lieferung gem. § 3 Abs. 1 UStG, die mit Lieferort im Inland gem. § 3 Abs. 6 S. 1 UStG im Inland gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG auch steuerbar ist. Der Umsatz ist auch steuerpflichtig, da die Gegenstände im Inland verbleiben.
Dafür muss der franz. Unternehmer eine weitere Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben, in der ein steuerpflichtiger Umsatz anzumelden und die entstandene Umsatzsteuer auch an das Finanzamt abzuführen ist.
Rz. 4 einstweilen frei
Rz. 5
Dabei war zu beachten, dass sich der im Ausland ansässige Unternehmer in Deutschland nicht durch einen Fiskalvertreter i. S. v. § 22a UStG vertreten lassen konnte. Gem. § 22a Abs. 1 UStG darf sich ein im Ausland ansässiger Unternehmer nur dann von einem Fiskalvertreter vertreten lassen, wenn er im Inland ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt und keine Vorsteuerbeträge abziehen kann. Da aufgrund des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch Verbringen sowohl Vorsteuern gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG anfallen, als auch aufgrund der nachfolgenden Lieferung i. d. R. eine Steuerpflicht besteht, scheidet die Anwendung des § 22a UStG aus.
Für den umgekehrten Fall, dass ein im Inland ansässiger Unternehmer ein Auslieferungslager im übrigen Gemeinschaftsgebiet besaß, galt das Transportieren der Ware vom Inland in das Auslieferungslager als i.g. Verbringen gem. § 3 Abs. 1a UStG und damit als steuerfreie i.g. Lieferung gem. § 6a Abs. 2 UStG.
2.2 Keine EU-einheitliche Nichtregistrierungsregelung bis 31.12.2019
Rz. 6
Anders als beim innergemeinschaftlichen Reihengeschäft i. S. v. § 25b UStG gab es bis zum 31.12.2019 für den im Ausland registrierten Unternehmer keine EU-einheitlic...