Prof. Dr. Peter Bilsdorfer
Eine wirksame Selbstanzeige verlangt grundsätzlich eine umfassende Korrektur fehlerhafter oder unterbliebener Angaben.
Aufgrund der durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz geänderten Gesetzeslage musste der Anzeigenerstatter zu allen strafrechtlich unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang
- unrichtige Angaben berichtigen,
- unvollständige Angaben ergänzen oder
- unterlassene Angaben nachholen.
Eine sog. Teilselbstanzeige, bei der nur Ausschnitte einer Tat korrigiert werden, reichte allgemein steuerartbezogen nicht mehr aus. Hierdurch war bereits eine wesentliche Verschärfung eingetreten.
Teilselbstanzeige grundsätzlich nicht ausreichend
Der Steuerpflichtige A hat Kapitaleinkünfte verschwiegen, die er aus Anlagen bei den Banken X und Y erzielt hat. Als er von einer bevorstehenden Außenprüfung bei der X-Bank erfährt, meldet er (nur) die von dort vereinnahmten Beträge nach.
Dies ist unzureichend. A hätte auch die bei der Y-Bank erzielten Einkünfte nacherklären müssen.
Allerdings besagt die Gesetzesformulierung "einer Steuerart", dass nach wie vor eine Teil-Selbstanzeige möglich ist, soweit unterschiedliche Steuerarten betroffen sind.
Teilanzeige bei unterschiedlichen Steuerarten möglich
Der Steuerpflichtige B beschäftigt in seinem Unternehmen Schwarzarbeiter. Er meldet die verkürzten Löhne vollständig nach und entrichtet auch die Lohnsteuer entsprechend. Selbst wenn B (mittels des Einsatzes der Schwarzarbeiter) Umsätze verkürzt hat, wirkt sich die unterbliebene Nacherklärung der Umsätze nicht hinsichtlich der Selbstanzeige bezüglich der Lohnsteuer aus.
Die bloße Erklärung, man erstatte Selbstanzeige, ist gleichermaßen ohne Bedeutung. Hierin konnte bis zum Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes die Ankündigung einer Selbstanzeige liegen, die im Zusammenhang mit weiteren Angaben als sog. Selbstanzeige dem Grunde nach angesehen werden konnte.
Nachdem durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz die nachträgliche Korrektur von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen erheblich eingeschränkt worden war, greift seit 1.1.2015 wieder die Möglichkeit der Erstattung einer Teilselbstanzeige. Eine korrigierte Umsatzsteuer-Voranmeldung oder eine geänderte Lohnsteueranmeldung stellte danach nur dann eine Selbstanzeige dar, wenn sie umfassende Korrekturen beinhaltete. Meldete der Steuerpflichtige beispielsweise später (etwa mittels einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung) weitere Umsätze nach, so indizierte genau diese Nachmeldung die Unvollständigkeit der ersten Korrektur. Auch konnte eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 01 nicht als wirksame Selbstanzeige gewertet werden, wenn bereits Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das Jahr 02 falsch abgegeben worden waren und diese mit der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 01 nicht gleichzeitig korrigiert wurden. Hinzu kam, dass eine (vollendete) Steuerhinterziehung auch schon dann anzunehmen ist, wenn die Abgabefrist für eine (Vor-)Anmeldung überschritten ist. Wenn in einem solchen Fall der Arbeitgeber/Unternehmer die (Vor-)Anmeldung zu einem späteren Zeitpunkt abgab, war diese als Selbstanzeige zu werten, die aber nur wirksam werden konnte, wenn auch Unrichtigkeiten oder Fristversäumnisse in vorhergehenden (Vor-)Anmeldungszeiträumen mit korrigiert wurden.
Diese aus dem Vollständigkeitsgebot resultierenden Gegebenheiten schienen dem Gesetzgeber zu rigide. Nunmehr findet sich in § 371 Abs. 2a AO eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot für die Umsatzsteuer-Voranmeldung, soweit es sich nicht um eine Jahresanmeldung handelt, und die Lohnsteueranmeldung. Damit wird der Rechtszustand vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wieder hergestellt: Eine korrigierte oder verspätete Umsatzsteuer-Voranmeldung oder Lohnsteueranmeldung gilt zukünftig wieder als wirksame Teilselbstanzeige. Hinzu kommt, dass die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Vorjahr nicht auch Berichtigungen für die Umsatzsteuer-Voranmeldungen des laufenden Jahres umfassen muss.
Im Rahmen einer Selbstanzeige sind auch Schätzungen des Steuerpflichtigen möglich. Es empfiehlt sich allerdings mit Blick auf die Vollständigkeit der Nacherklärung auf jeden Fall, bei der Schätzung nicht allzu kleinlich zu sein. Denn eine zu niedrige Schätzung beeinflusst die Wirksamkeit der Selbstanzeige als solche. Zudem wirkt eine bewusst zu niedrig abgefasste Selbstanzeige strafverschärfend. Eine überhöhte Schätzung lässt sich im Übrigen dann, wenn konkrete Zahlen nachträglich ermittelt werden konnten, auch noch nachträglich korrigieren. Eine zu niedrige Schätzung hingegen nimmt der Selbstanzeige zumeist jede (strafbefreiende) Wirkung.