Sachverhalt:
Eine Privatperson P schließt mit einem Verlag V am 28.12.2019 einen Abonnementvertrag über den Bezug einer Tageszeitung (nur Printausgabe) für den Zeitraum 1.1. bis 31.12.2020 ab. Der Abonnementvertrag endet am 31.12.2020. P erhält von V am 5.1.2020 eine Vorausrechnung für den gesamten Abonnementzeitraum über 100 EUR plus 7 EUR USt. P zahlt am 8.1.2020 an V 107 EUR.
Lösung:
Bei den Zeitungslieferungen an P handelt es sich umsatzsteuerlich um Lieferungen. Da ein einjähriger Bezugszeitraum vereinbart ist, handelt es sich um eine Dauerleistung (Dauerlieferungen). Umsatzsteuerlich ist diese Dauerleistung nach den Grundsätzen oben unter Tz. 4.3.2 am Tag des Endes des Abonnementverhältnisses, also am 31.12.2020, erbracht. Damit ist auf diese Leistung der am 31.12.2020 geltende ermäßigte Steuersatz (5 %) anzuwenden. Auf den Tag des Vertragsschlusses über das Abonnement kommt es nicht an, auch nicht darauf, dass P im Januar 2020 bereits das Gesamtentgelt entrichtet hat.
V hatte für den Voranmeldungszeitraum Januar 2020 die von P erhaltene Vorauszahlung der Umsatzsteuer zum Steuersatz von 7 % zu unterwerfen.
Da V in einem Fall der Istversteuerung vor dem 1.7.2020 ein Entgelt für eine Leistung vereinnahmt hat, die nach dem 30.6.2020 ausgeführt wurde und der Besteuerung unterliegt, ist auch auf diesen Entgeltbetrag nachträglich der ab dem 1.7.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 5 % anzuwenden. Die Berechnung der Umsatzsteuer ist von V für den Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Leistung ausgeführt wird, also für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2020.
Die Finanzverwaltung hat keine Bedenken dagegen, wenn V im Voranmeldungszeitraum der Entgeltvereinnahmung (also Januar 2020) nur die Umsatzsteuer nach den nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 geltenden Umsatzsteuersatz von (hier) 5 % berechnet und abführt. Eine Berichtigung der Berechnung der im Januar 2020 entstandenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung (Dezember 2020) scheidet in diesen Fällen aus. In diesem Falle müsste V die bereits für den Voranmeldungszeitraum Januar 2020 abgegebene Voranmeldung entsprechend korrigieren.
V ist nach § 14 Abs. 2 UStG berechtigt (da P Privatkunde ist, nicht verpflichtet), über seine Leistung, die nach dem 30.6.2020 ausgeführt wird, eine Rechnung zu erteilen, in der die Umsatzsteuer mit dem nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 befristet geltenden Umsatzsteuersatz von 5 % ausgewiesen ist. Das gilt auch, wenn der Vertrag über diese Leistung vor dem 1.7.2020 (hier am 28.12.2019) geschlossen worden ist und dabei von den bis dahin geltenden Umsatzsteuersätzen (19 % bzw. 7 %) ausgegangen worden ist. Aus der Regelung über den Steuerausweis folgt aber nicht, dass V verpflichtet ist, bei der Abrechnung der vor dem 1.7.2020 vereinbarten Leistung den Preis entsprechend der nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 befristet eingetretenen umsatzsteuerlichen Minderbelastung zu senken. Es handelt sich dabei vielmehr um eine besondere zivilrechtliche Frage, deren Beantwortung von der jeweiligen Vertrags- und Rechtslage abhängt. V wäre also berechtigt, P eine neue Rechnung zu erteilen, in der die Umsatzsteuer zum Steuersatz von 5 % ausgewiesen ist. Die Frage, ob P lt. dieser neuen Rechnung weiterhin einen Rechnungsbetrag von 107 EUR zu entrichten hätte, was bedeutet, dass er ein höheres Entgelt als ursprünglich vereinbart schulden würde, oder ob V die Steuersatzminderung i. H. v. 2 EUR an P weiterreicht und P nur einen Rechnungsbetrag von 105 EUR zu begleichen und damit einen Erstattungsanspruch von 2 EUR gegenüber V hat, richtet sich nach dem zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vertragsverhältnis.
Nach § 29 Abs. 2 UStG kann P aber von V einen Ausgleich verlangen, wenn V (wie hier) eine Leistung nach dem 30.6.2020 ausführt. Eine der Voraussetzungen für den Ausgleichsanspruch ist, dass die Leistung auf einem Vertrag beruht, der vor dem 1.3.2020 geschlossen worden ist (dies ist vorliegend der Fall, da der Vertrag am 28.12.2019 geschlossen wurde). V und P dürfen außerdem nichts anderes vereinbart haben (z. B. dass Ausgleichsansprüche im Falle einer Anhebung oder Absenkung des Umsatzsteuersatzes ausgeschlossen sind). Ein derartiger Ausschluss ist regelmäßig bei einer sog. Bruttopreisabrede gegeben. Wenn P von V einen Ausgleich i. H. der eingetretenen Steuersatzminderung (hier 2 EUR) verlangt, müsste V dem vorliegend umsatzsteuerrechtlich also nachkommen, sofern zivilrechtlich ein solcher Ausgleichsanspruch nicht ausgeschlossen wurde.
Weist V entgegen den o. g. Regelungen in seiner Rechnung über die Leistung, die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 erbracht wurde, eine höhere Umsatzsteuer aus, als sich bei zutreffender Anwendung des Umsatzsteuersatzes von 5 % ergibt, schuldet V die Differenz aufgrund eines unrichtigen Steuerausweises nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14c Abs. 1 UStG. Dieses Ergebnis eines unzutreffenden Steuerausweises und der daraus folgenden Umsatzsteuerschul...