Christian Kunze, Dr. Robert Brun
1.1 Das Unternehmen
Das hier vorgestellte Konzept zum operativen Controlling von Serviceleistungen wurde im Rahmen eines Projektes bei der zentralen Servicegesellschaft eines international tätigen deutschen Industriekonzerns entwickelt. Der Dienstleister ist zuständig für die exklusive Versorgung der Konzernunternehmen mit IT- und Business-Services. In der Servicegesellschaft sind weltweit an mehreren Standorten mehrere tausend Mitarbeiter im Einsatz, um die Geschäftsprozesse der verschiedenen Sparten zu unterstützen. In folgenden Aufgabengebieten werden die Konzerngesellschaften mit Dienstleistungen versorgt:
- IT-Infrastruktur & -Anwendungen
- IT-Lösungen
- Logistikdienste
- Personaldienste
1.2 Bisheriges Geschäftsmodell
Kostendeckung als wirtschaftliches Ziel
Zwischen der Servicegesellschaft und den Konzernunternehmen war vereinbart, dass alle Serviceleistungen basierend auf Kosten (plus festgelegte Marge) an die empfangenden Konzerntöchter verrechnet werden dürfen. Somit war als wirtschaftliches Ziel die Kostendeckung vorgegeben, da weder Kostenunterdeckungen noch über das Margenziel hinausgehende Deckungsbeiträge erwünscht waren. Die Methoden der Verrechnungspreiskalkulation waren in der Vergangenheit weitgehend den Geschäftsbereichen überlassen, so dass sich unterschiedlichste Verfahren und Techniken entwickelt hatten, die überwiegend auf der Verrechnung der Istkosten von Ressourcenkostenstellen über mehrere Produktionsstufen bis in die Produkte beruhten. Das wesentliche Steuerungsziel war die Erreichung des Deckungsbeitrags – in jeder Produktionsstufe!
Einheitliche Standards
Diese Situation erschwerte die Wirtschaftlichkeitskontrolle der Servicebereiche sowie die gezielte Planung und Kontrolle von IT-Ressourcen. Rechtfertigungsdruck seitens der Kunden, fehlende Entscheidungsunterstützung sowie wachsende revisorische Anforderungen verlangten ein neues Steuerungsmodell sowie einheitliche Standards in der Ergebnis und Kostenrechnung.
1.3 Zielsetzung
Ziel: Standardisiertes, verbrauchbasiertes Verfahren
Ziel des Vorhabens war es, die historisch gewachsenen und oft undurchschaubaren Geflechte verschiedener Planungs-, Kalkulations- und Verrechnungsverfahren sowie pauschaler Kostenumlagen durch eine standardisierte, verbrauchsbasierte Verrechnung zu ersetzen, um höhere Transparenz und bessere Nachvollziehbarkeit der Servicekosten sowie eine effizientere Nutzung der Ressourcen zu erreichen. Als Grundlage dafür zog das Projektteam bewährte Verfahren heran, die aus der klassischen industriellen Kostenrechnung und Erzeugniskalkulation stammen. Während diese Verfahren die Anforderungen der "Serviceproduktion" umfassend abdeckten, erforderte die Abbildung der "Nachfrageseite" eine differenziertere Absatzplanung je nach Kunde und Servicematerial. Abb. 1 zeigt als grobe Übersicht den zugrunde gelegten Wertefluss.
Abb. 1: Mengen- und Wertefluss
Neues Steuerungs- und Kostenrechnungsmodells
Die wesentlichen Projektziele waren die Weiterentwicklung des betriebswirtschaftlichen Steuerungsmodels, orientiert an dem Geschäftszweck des internen Dienstleisters, sowie die Verbesserung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Werteflüsse. Das neue Steuerungs- und Kostenrechnungsmodell sollte eine zeitgemäße Governance unterstützen und somit folgende Merkmale aufweisen:
- Steuerung des Service Centers mit differenzierten Kennzahlen.
- Standardisierung der Methoden, der Kostenrechnungsverfahren und der Leistungsverrechnung.
- Einführung paralleler Mengen- und Werteflüsse in der Kosten-/Leistungsrechnung (in Plan und Ist).
- Kapazitätsmanagement für Ressourcen.
- Einführung einer marktwirtschaftlichen Leistungskalkulation mit klaren, einheitlichen Regeln zur Herstellkostenkalkulation.
- Langfristige Überarbeitung des Serviceangebots insbesondere Reduzierung der Produktvielfalt.
- Intensivierung der Kunden-Lieferanten-Beziehung insbesondere zur gemeinsamen Leistungs-/Geschäftsplanung.
- Abbildung aller Werteflüsse in einem einzigen System, Ablösung der geschäftsbereichsspezifischen Lösungen.
Kennzahlen im neuen Steuerungsmodell
Im neuen Steuerungsmodell sind außer Umsatz, Deckungsbeitrag und Ergebnis als weitere Kennzahlen speziell für die leistungserbringenden Bereiche (Produktion) die Auslastung der Kapazitäten, die Deckung der Kosten sowie der effiziente Einsatz der Ressourcen von Bedeutung. Als zusätzliche Steuerungsgrößen zur Kontrolle der Zielerreichung sind die Beschäftigungsabweichung, Verbrauchsabweichung und Effizienzabweichung hinzugekommen.
Relevante Größen und deren Indikatoren im neuen Steuerungsmodell:
- Kostenstellenkosten.
- Kapazitätsauslastung.
- Ergebnis.
- Umsatz und Absatz.
- Kosten der Materialien.
- Kosten der Projekte.
- Sollkosten.
- Verbrauchsabweichungen.
- Beschäftigungsabweichungen.
- Effizienzabweichungen.
- Abweichung zwischen Plan-DB und Ist-DB.
- Differenz zwischen Plan- und Istumsatz/-absatz.
- Differenz zwischen Plan- und Istkosten.
Indikator Kapazitätsauslastung
Die Kapazitätsauslastung der leistungserbringenden Bereiche (Produktion) ergibt sich im Vergleich der geplanten Kapazitäten zu den tatsächlich genutzten...