Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Leitsatz
Gravierende Mängel einer Kassenbuchführung können einen Sicherheitszuschlag von 10% rechtfertigen. Dieser Zuschlag kann nur dann aus dem erklärten Umsatz abgeleitet werden, wenn das schlüssig und nachvollziehbar begründet wird.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb im Streitjahr mehrere organisatorisch getrennte Erotikmärkte. In einem Markt unterhielt er einen Shop und einen Bereich mit Videokabinen und Erotikkino. Aufgrund einer Außenprüfung in diesem Markt kam der Prüfer zu der Feststellung, dass die Kassensturzfähigkeit im Bereich der Videokabinen und des Erotikkinos nicht gegeben sei, weil die Geldspeicher der dort befindlichen Automaten nur in unregelmäßigen Abständen (einmal wöchentlich) geleert wurden, Münzen und Geldscheine ohne eigene Zählung bei der Bank abgeliefert und dort gutgeschrieben wurden. Im Übrigen wurden die Einnahmen durch Addition der Bankgutschriften und der verausgabten Beträge ermittelt. Für die einzelnen Kassen wurden des Weiteren keine getrennten Aufzeichnungen vorgenommen. Im Rahmen einer griffweisen Zuschätzung erhöhte das Finanzamt deshalb den erklärten Umsatz und Gewinn um jeweils 10%. Die Höhe des Sicherheitszuschlags wurde dabei aus dem vom Steuerpflichtigen erklärten Umsatz abgeleitet. Gegen den geänderten Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und bestritt die Berechtigung des Finanzamts zur Hinzuschätzung. Gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung wurde Klage erhoben.
Entscheidung
Die zulässige Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach der Auffassung des Gerichts war die Hinzuschätzung dem Grund nach nicht zu beanstanden, weil das gewonnene Schätzungsergebnis schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sei. Die Schätzung berücksichtige im Übrigen auch das Maß der Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten. Im Streitfall sei es daher gerechtfertigt gewesen, wegen der nicht ordnungsgemäßen Buchführung die Hinzuschätzung auf der Grundlage eines Sicherheitszuschlags vorzunehmen.
Die Hinzuschätzung war nach der Überzeugung des Gerichts auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insoweit verweist das Gericht darauf, dass es feste Regeln für die Höhe eines Sicherheitszuschlags nicht gebe. Lägen jedoch wie im Streitfall gravierende Buchführungsmängel vor, sei ein Sicherheitszuschlag i. H. v. 10% auf den erklärten Umsatz bzw. Gewinn nicht zu beanstanden. Die im Streitfall vorgenommene Ableitung des Sicherheitszuschlags aus dem vom Steuerpflichtigen erklärten Umsatz ist nach der Auffassung des Gerichts ebenfalls zutreffend, weil im vorliegenden Fall nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden konnte, das bezogen auf den Bereich der Videokabinen und des Erotikkinos die in der Gewinnermittlung enthaltenen Betriebsausgaben Fixkosten waren, die sich durch die tatsächliche Erzielung weiterer, bisher nicht erklärter Umsatzerlöse nicht erhöht haben dürften.
Hinweis
Das Urteil hat in der täglichen Prüfungspraxis große Bedeutung, weil es immer wieder Fälle gibt, in denen die Finanzverwaltung Zuschätzungen auf der Basis des Umsatzes vornimmt und im Einzelfall damit einhergehende mögliche Steigerungen im Bereich der Betriebsausgaben vernachlässigt. Nur in dem Fall, in dem die Finanzverwaltung schlüssig und nachvollziehbar begründet, warum im Rahmen einer gebotenen Zuschätzung beim Gewinn nicht - wie sonst üblich - ein geringerer Prozentsatz der Umsätze als ausreichend und angemessen bzw. zutreffend angesehen wird, kann allerdings die Zuschätzung aus dem Umsatz abgeleitet werden. Von Belang ist auch die Erkenntnis, dass bei gravierenden Buchführungsmängeln eine Zuschätzung von 10% durchaus ermessensgerecht sein kann.
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Urteil vom 13.12.2017, 3 K 608/17