2.1 Ein einfacher Start in die Simulation
Üblicher Startpunkt zur Simulation ist wie so häufig im Controller-Leben die Tabellenkalkulation. Ein einfaches Modell in Excel ist leicht erstellt: Eine Deckungsbeitragsrechnung wird aufgebaut, evtl. mit der Unternehmenssicht verknüpft und schon kann simuliert werden, indem an einzelnen Parametern wie den variablen Kosten gedreht wird und anschließend die Ergebnisse betrachtet werden. Dies wird üblicherweise als "What-If"-Simulation bezeichnet. Einfache Fragestellungen, wie bspw. was mit dem Deckungsbeitrag in Folge von Preisanstieg, Inflationssteigerung und Kostensenkung passiert, können beantwortet werden.
Es ist unmittelbar einleuchtend, dass mit dieser Abbildung des Unternehmensausschnitts in einem Modell auch viel von den Eigenschaften der Realität verloren geht:
- Was ist bspw. mit Kapazitätsbeschränkungen?
- Wirkt ein Preisanstieg nachfragedämpfend?
- Wirkt eine Erfahrungskurve auf den Deckungsbeitrag?
Das Thema Simulation ist somit deutlich vielschichtiger, als es auf den ersten Blick erscheint. Es sind daher verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.
2.2 Komplexitätstreiber in der Simulation
Es treten zeitliche Abhängigkeiten auf. Parameterveränderungen haben Auswirkungen auf Folgezeitpunkte und -perioden. Alleine durch die Bilanzidentität ergibt sich die Notwendigkeit, Periodenscheiben zu verbinden, so dass Entscheidungen einer Periode immer Auswirkungen auf die Folgeperioden haben. Losgelöst von der Periodensicht können kausale Beziehungen mit Verzögerung einsetzen. So reagiert ein unzufriedener Kunde nicht sofort, sondern unter Umständen erst beim nächsten notwendigen Kauf oder sein kommunizierter Unmut verleitet zu einem späteren Zeitpunkt andere Käufer zur Entscheidungsänderung.
Gelegentlich sind auch Wechselwirkungen vorzufinden. Abhängigkeiten können sich verstärken. Dies ist bspw. bei klassischen Netzeffekten der Fall: Ist erst eine bestimmte Anzahl an Kunden oder Teilnehmern (z. B. Facebook) gewonnen, sorgen diese Kunden für den Zustrom weiterer Kunden, da durch die Anzahl der Teilnehmer die Attraktivität der Teilnahme steigt.
Typische Modelle im Controlling haben eine mehrdimensionale Struktur. Ein Vertriebsplanungsmodell ist i. d. R. mehrdimensional, es kann die Dimensionen Produkte, Kunden, Absatzwege etc. enthalten. Ohne auf die besonderen Eigenschaften einzugehen, ist es einleuchtend, dass in einer Unternehmenssimulation unterschiedliche Kunden- und Produktgruppen sowie Produktionsstätten und Kostenstellen zu berücksichtigen sind. Wirkungsbeziehungen können sich hinsichtlich der Dimensionsausprägungen unterscheiden. Im Hochpreissegment wirken häufig andere Einflussfaktoren als der Preis, der im Niedrigpreissegment häufig das entscheidende Kaufkriterium ist.
Folgemaßnahmen aufgrund von Parametervariationen müssen berücksichtigt werden: Parameterveränderungen ziehen Anpassungsmaßnahmen nach sich. Die erwähnte Preisanpassung bei sinkenden Kosten aus der Erfahrungskurve erfolgt somit nicht automatisch, sondern ist eine bewusste Folgeentscheidung. Eine Simulation ist somit keine Momentaufnahme, sondern Parametervariationen werden häufig zu Szenarien, die Folgeentscheidungen enthalten, weiterentwickelt.
Antizipierte Währungskursveränderungen können Investitionsentscheidungen beeinflussen
Unter veränderten Rahmenbedingungen bei den Währungskursen könnte die Erstellung eines Werkes in den USA nicht mehr lohnend sein. Stattdessen böte sich ein Investment in Mittelamerika an. Hieraus könnten wiederum Planänderungen z. B. in der Logistik entstehen. Im Rahmen eines Simulationsmodells könnte man versuchen, solche Entscheidungsketten zu automatisieren. Aufgrund der Komplexität der Entscheidungen wird das allerdings nicht immer gelingen. Aber es spricht auch nichts dagegen, sukzessive zu simulieren: Aus dem ersten Simulationslauf erkennt man die unvorteilhafte Situation und entwickelt entsprechende Maßnahmen.
Den Simulationsparametern liegen Unsicherheiten zugrunde. Zwar lassen sich über Sensitivitätsanalysen Aussagen über die Stabilität der Zielgrößen machen. Man ist aber weit von einem echten Risikoprofil entfernt, da Sensitivitäten nur auf einen oder wenige Parameterveränderungen beschränkt werden. Belastbare Aussagen über Gesamtrisiken lassen sich mithilfe der Monte-Carlo-Simulation ermitteln, die im weiteren Verlauf noch detaillierter erläutert wird.
2.3 Formaler Hintergrund
Simulationen werden in zahlreichen Fachgebieten, teilweise mit ähnlichen Zielen und basierend auf ähnlichen Strukturen, eingesetzt. Insofern ist es sinnvoll, einen gemeinsamen Rahmen zu beschreiben, der aber möglichst offen ist. Inhalt der Simulation ist es, ein vorwiegend realitätsnahes Abbild der Wirklichkeit durch ein Modell zu erhalten, um durch Variation der Modellparameter Rückschlüsse für das eigene Handeln zu gewinnen. Damit wird die Zweckorientierung der Modellbildung deutlich. Zwecke der Simulation sind u. a.:
- Erkenntnisse über Wirkungsmechanismen der Realität zu gewinnen: Der Mensch ist nur in der Lage, wenige Zusammenhänge gleichzeitig zu betrachten. Ein komplexes Wirkungsgef...