Prof. Dr. Mark Knüppel, Thomas Schwalm
Rz. 101
Die klassischen Gründe für einen Formwechsel liegen
- im Wechsel zwischen Einkommen- und Körperschaftsteuer,
- der Vermeidung der Mitbestimmung,
- der Flucht vor Publikationspflichten,
- der Erhöhung der Verkehrsfähigkeit der Anteile oder
- der Schaffung einer Haftungsbegrenzung.
9.2.1 Handelsbilanzrecht
Rz. 102
Die Rechnungslegung beim Formwechsel unterschied sich erheblich von der in den Fällen der Verschmelzung und Spaltung. Nach § 192 Abs. 2 UmwG a. F. war beim Formwechsel ein Vermögensstatus, der den „wirklichen Wert“ der Gegenstände und Verbindlichkeiten auswies, erforderlich. Diese Regelung wurde aber im Jahr 2007 abgeschafft, weil der Vermögensstatus nicht den notwendigen Nachweis im Rahmen der Gründungsprüfung oder die Unternehmensbewertung für die Bemessung einer Barabfindung ersetzt und die Aufdeckung aller stillen Reserven bei einem Formwechsel nicht nötig ist.
Rz. 103
Das Gesellschaftsrecht geht von der Prämisse der wirtschaftlichen Kontinuität des Rechtsträgers beim Formwechsel aus. Es gibt also keinen übertragenden oder übernehmenden Rechtsträger, sodass keine Schlussbilanz (§ 17 Abs. 2 UmwG) oder Übernahmebilanz (§ 24 UmwG) erforderlich ist.
9.2.2 Steuerbilanzrecht
Rz. 104
Steuerlich sind beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft die §§ 3 ff. UmwStG entsprechend anzuwenden (§ 9 UmwStG). Es wird die Aufstellung einer Schlussbilanz der formwechselnden Kapitalgesellschaft und eine Eröffnungsbilanz der Personengesellschaft als Rechtsträger neuer Form angeordnet.
Beim Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft sind steuerlich die Vorschriften über die Einbringung gemäß §§ 20 bis 23 UmwStG anzuwenden (§ 25 UmwStG). Für diesen Zweck hat die formwechselnde Personengesellschaft eine steuerliche Schlussbilanz und die Kapitalgesellschaft als Rechtsträger neuer Form eine Eröffnungsbilanz zu erstellen.
Schluss- und Eröffnungsbilanz sind jeweils Sonderbilanzen, weil sie den Start- bzw. Endpunkt einer neuen Reihe von Regelbilanzen markieren.
Da steuerlich die Regelungen über die Verschmelzung bzw. Spaltung anzuwenden sind, wird an dieser Stelle darauf verwiesen.
9.2.3 Das Optionsmodell nach § 1a KStG
Rz. 104a
Durch das KöMoG wurde das sogenannte Optionsmodell in § 1a KStG eingeführt. Demnach können Personenhandelsgesellschaften auf Antrag wie Kapitalgesellschaften besteuert werden. Gleichzeitig sind die Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu besteuern. Die Option hat ausschließlich Wirkung für das Steuerrecht. Zivilrechtlich und auch handelsrechtlich sind keine direkten Folgen mit der Option verbunden. Allerdings können sich handelsrechtlich beispielsweise im Bereich der latenten Steuern Auswirkungen ergeben, da auf Ebene einer optierten Personenhandelsgesellschaft sowohl latente Gewerbesteuer als auch latente Körperschaftsteuer zu berücksichtigen ist.
Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, für das die Option erstmals wirksam werden soll, § 1a Abs. 1 Satz 2 KStG.
Rz. 104b
Die Ausübung der Option gilt steuerrechtlich als ein Formwechsel im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG und kann unter den Voraussetzungen des § 25 UmwStG steuerneutral durchgeführt werden. Demnach hat die Personenhandelsgesellschaft als fiktiver übertragener als auch übernehmender Rechtsträger eine steuerliche Schluss- und eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, die jeweils Sonderbilanzen in dem hier verwendeten Sinne sind, weil sie End- bzw. Startpunkt für eine Reihe weiterer Bilanzen sind.
Rz. 104c
Da mit der Option keine Änderung an dem zivilrechtlichen Status der Personenhandelsgesellschaft verbunden ist, verfügt die optierte Gesellschaft nicht über Nennkapital. Steuerrechtlich ist das gesamte Eigenkapital in der Eröffnungsbilanz dem steuerlichen Einlagekonto zuzurechnen, § 1a Abs. 2 Satz 4 KStG. Für die Abgrenzung, welche Konten steuerrechtlich als Eigenkapital zu behandeln sind, vgl. das BMF, Schreiben v. 30.5.1997, BStBl 1997 I S. 627. Wurde in der Vergangenheit die Thesaurierungsbegünstigung bei der Personenhandelsgesellschaft in Anspruch genommen und liegen noch nachversteuerungspflichtige Beträge vor, ist aufgrund der steuerrechtlichen Fiktion als Formwechsel nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG eine Nachversteuerung durchzuführen.