Prof. Dr. Mark Knüppel, Thomas Schwalm
1 Grundlagen
1.1 Abgrenzung von laufender Bilanz, Sonderbilanz und Status
Rz. 1
Die Sonderbilanzen und der Status sind von den laufenden Bilanzen (Regelbilanzen) abzugrenzen. Regelbilanzen sind zum Abschluss eines jeden Geschäftsjahres aufzustellen (§ 242 Abs. 1 Satz 1 HGB).
Bei Regelbilanzen ist die Schlussbilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres die Eröffnungsbilanz des neuen Geschäftsjahres (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Diese Verbindung ist die Bilanzidentität.
Regelbilanzen beruhen auf der Finanzbuchhaltung.
Rz. 2
Sonderbilanzen und Status sind im Unterschied zu Regelbilanzen nur gelegentlich bei außerordentlichen Ereignissen aufzustellen.
1.1.1 Sonderbilanz
Rz. 3
Die Sonderbilanz bildet den Start- oder Endpunkt einer Reihe von Regelbilanzen und damit einen neuen Anknüpfungspunkt oder das Ende für die Finanzbuchhaltung.
Die Sonderbilanz ist mit den vorangehenden oder folgenden Regelbilanzen durch die Bilanzidentität verbunden. Beispiele sind die Gründungsbilanz, die Schlussbilanz bei Spaltung und Verschmelzung oder die Schlussbilanz bei Insolvenz und Liquidation.
Rz. 4
Es gibt Situationen, in denen eine Regelbilanz als Sonderbilanz verwendet wird. Bei Anmeldung einer Verschmelzung hat der übertragende Rechtsträger eine Schlussbilanz beizufügen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG). Hierfür kann eine Bilanz verwendet werden, deren Stichtag nicht mehr als 8 Monate zurückliegt (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG). In der Praxis stellt das den Regelfall dar, weil sich damit Kosten für die Erstellung einer weiteren Bilanz einsparen lassen.
1.1.2 Status
Rz. 5
Der Begriff der Sonderbilanz wird uneinheitlich verwendet. Teilweise wird zwischen Sonderbilanz und Status unterschieden. Teilweise wird der Begriff der Sonderbilanz so weit gefasst, dass die weitere Differenzierung zwischen Status und Sonderbilanz aufgehoben wird. Richtig ist es, zwischen dem Status und der Sonderbilanz zu unterscheiden.
Rz. 6
Der Status ist eine Vermögensaufstellung, die losgelöst von der Finanzbuchhaltung zu aktuellen Zeitwerten, also Verkehrswerten aufgestellt wird. Für den Status besteht keine Bindung an die historischen Anschaffungskosten (§ 253 Abs. 1 HGB). Er ist losgelöst vom Prinzip der Bilanzidentität. In einigen Fällen wird anstelle des bilanzrechtlichen Terminus Status der Begriff Vermögensübersicht (§ 153 InsO) verwendet.
Die Merkmale „Verknüpfung mit der Finanzbuchhaltung“ und „Bilanzidentität“ ermöglichen eine eindeutige Trennung zwischen Sonderbilanz und Status.
Rz. 7
Ziel jedes Status ist es, das Reinvermögen der Unternehmung zu ermitteln.
Die Daten der Buchführung können bei seiner Aufstellung behilflich sein. Es besteht aber keine Bindung an ihre Ergebnisse. Um einen aktuellen Vermögensstand zu ermitteln, ist eine Neubewertung der Vermögensgegenstände zum jeweiligen Stichtag erforderlich.
Es besteht im Gegensatz zu den laufenden Bilanzen beim Status kein Wahlrecht bzw. Verbot (§ 248 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 2 EStG), selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände oder einen selbst geschaffenen Firmenwert anzusetzen.
Eine Beschränkung auf das Betriebsvermögen besteht für den Status nicht. Es kann sogar notwendig sein, das Betriebs- und Privatvermögen in den Status aufzunehmen. Ein Beispiel für eine solche Situation ist der Kreditstatus des Einzelkaufmanns bzw. des Gesellschafters einer Personengesellschaft.
1.1.3 Regelbilanz als Sonderbilanz im weiteren Sinne
Rz. 8
In bestimmten Situationen können Regelbilanzen als Sonderbilanzen im weiteren Sinne subsumiert werden, wenn ihnen ein laufender, jedoch außergewöhnlicher Geschäftsvorfall zugrunde liegt. Dies ist zum Beispiel bei der Bilanz des übernehmenden Rechtsträgers (§ 24 UmwG) im Rahmen der Verschmelzung und Spaltung zur Aufnahme der Fall. Weder die Bilanzidentität noch der Buchführungszusammenhang wird unterbrochen oder neu begründet.
Dies gilt ebenso bei der Bilanz im Rahmen eines Beschlusses über eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 207 Abs. 3 AktG, § 57c Abs. 3 GmbHG). Inhaltlich wird auf die Regeln des laufenden Jahresabschlusses (§ 209 Abs. 3 Satz 1 AktG, § 57f Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 57c Abs. 4 GmbHG) verwiesen und ein „beweglicher Stichtag“ (§ 209 Abs. 1 AktG, § 57e Abs. 1 i. V. m. § 57c Abs. 4 GmbHG) zugelassen.