Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Werden die Büroarbeiten für eine KG durch eine an der KG selbst nicht beteiligten GmbH erledigt, die einen selbstständigen, nicht in der Erledigung von Büroarbeiten bestehenden Geschäftszweck hat, dann stellen die Zahlungen der KG an die GmbH für diese Büroarbeiten eine Sondervergütung für die als Kommanditistin an der KG beteiligten Arbeitnehmerin der GmbH dar, wenn diese die Bürotätigkeiten für die KG in abgrenzbarer Weise von ihrer sonstigen Tätigkeit für die GmbH ausführt.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger – Ehegatten – waren Gesellschafter einer KG. Außerdem war der Kläger alleiniger Gesellschafter einer GmbH, bei der die Klägerin als Arbeitnehmerin beschäftigt war. Sie war dort für Büroarbeiten zuständig; da die KG kein eigenes Büropersonal beschäftigte, erledigte die Klägerin die anfallenden Arbeiten für diese mit. Die GmbH erhielt dafür von der KG ein monatliches Entgelt von 800 DM.
Das FA erfasste dieses Entgelt von jährlich 9.600 DM bei der Klägerin als Sondervergütung i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Das FG gab der Klage statt (EFG 2003, 385).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf. Sondervergütungen könnten auch bei mittelbar im Dienst der Gesellschaft erbrachten Leistungen vorliegen. Das sei u.a. dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft dem Drittunternehmen Ersatz für die diesem entstandenen Aufwendungen leiste. Das gelte auch dann, wenn das Drittunternehmen einen eigenen Geschäftszweck verfolge und unabhängig davon, ob der Gesellschafter das Drittunternehmen beherrsche. Entscheidend sei, ob die Tätigkeitsbereiche des Gesellschafters abgrenzbar seien. Das sei hier anzunehmen.
Hinweis
Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist besonders deshalb von Interesse, weil er in den Bereich der noch nicht für alle Fallgruppen geklärten Abgrenzung der Sondervergütung im Rahmen des Sonderbetriebsvermögens I von den Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen des Sonderbetriebsvermögens II hineinführt. Erbringt ein Mitunternehmer Leistungen nicht gegenüber "seiner" Gesellschaft, sondern an ein Drittunternehmen, stellt sich immer auch die Frage, ob insoweit nicht eine mittelbare Leistung an seine Gesellschaft vorliegt. Ist das der Fall, können die von dem Drittunternehmen an den Mitunternehmer geleisteten Zahlungen sowohl Sondervergütungen als auch Sonderbetriebseinnahmen sein.
Sondervergütungen kommen nach der Rechtsprechung insbesondere in Betracht, wenn die Leistung des Gesellschafters für seine Gesellschaft hinreichend von seiner Leistung für das Drittunternehmen abgrenzbar ist. Nach der Rechtsprechung (insbesondere für Beteiligungen an Drittunternehmen und für Überlassungen von Wirtschaftsgütern zur Nutzung an solche, vgl. u.a. BFH, Urteil vom 13.10.1998, VIII R 46/95, BStBl II 1999, 357 mit Anm. HG, DStR 1999, 317 und vom 10.6.1999, IV R 21/98, BStBl II 1999, 715 mit Anm. Kempermann, DStR 1999, 1436) können in diesem Fall aber auch Sonderbetriebseinnahmen vorliegen; denn hierfür genügt es, "dass diese Wirtschaftsgüter in der Weise eingesetzt werden, dass sie der Gesellschaft einen unmittelbaren Vorteil bringen". Bei Dienstleistungen ist die Rechtsprechung zwar nicht so eindeutig (vgl. einerseits BFH, Urteil vom 14.4.1988, IV R 271/84, BStBl II 1988, 667 und andererseits BFH, Urteil vom 9.7.1970, IV R 16/69, BStBl II, 1970, 722 für Einzelbetrieb); vom System her kann für sie aber nichts anderes gelten. Wie ist also bei solchen mittelbaren Leistungen das SBV I vom SBV II abzugrenzen?
Ein Kriterium ist, dass der Mitunternehmer seine Wirtschaftsgüter oder seine Arbeitskraft auch in dieser Drittbeziehung dem Verfügungsbereich der Gesellschaft unterstellt (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 6.7.1999, VIII R 46/94, BStBl II 1999, 720 und II. 2. a der Gründe); das kann – zum Beispiel aufgrund einer Anweisung des Gesellschafters an das Drittunternehmen – dadurch geschehen, dass die Gesellschaft einen entsprechenden Einfluss auf das Drittunternehmen ausüben kann. Auch in diesem Fall muss aber als weiteres Abgrenzungsmerkmal hinzutreten, dass der Gesellschaft die für die Leistung geschuldete Gegenleistung zuzurechnen ist; denn nur ein bei der Personengesellschaft entstehender Aufwand kann nach dem Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung beim Gesellschafter als Sondervergütung erfasst werden. Ohne einen solchen Aufwand können selbst in Anweisungsfällen keine Sondervergütungen, sondern allenfalls Sonderbetriebseinnahmen vorliegen.
Damit ist auch der Streitfall gelöst. Die Zahlungen des Drittunternehmens an den Gesellschafter sind bei diesem als Sondervergütungen zu er?assen, soweit die Gesellschaft dem Drittunternehmen zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet ist. Entsprechend ist der Fall zu behandeln, dass die Gesellschaft zugunsten des Gesellschafters auf einen Ersatzanspruch verzichtet (BFH, Urteil vom 15.6.2004, VIII R 72/03, BFH-PR 2005, 49).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.12.2004, VIII R 58/02