4.1 Definition
Eine innergemeinschaftliche Güterbeförderungsleistung liegt vor, wenn die Beförderung der Gegenstände im Gebiet von zwei verschiedenen Mitgliedstaaten beginnt und endet. Die Leistungen sind ausnahmslos steuerpflichtig. Durch die Verlagerung des Besteuerungsorts an den Ansässigkeitsort des steuerpflichtigen Auftraggebers wurde das Bestimmungslandprinzip (Besteuerung im Land des Verbrauchs der Beförderungsleistung) von Anfang an im gewerblichen Bereich gewährleistet. In Kombination mit dem Übergang der Steuerschuld (reverse charge) auf den Leistungsempfänger wurde hier ein einfaches und für alle Beteiligten überschaubares Verfahren gewählt. Etwas anderes gilt aber noch immer im Bereich der Erbringung von Güterbeförderungsleistungen an Nichtsteuerpflichtige.
4.2 Leistungsort "Beginn der Beförderung" als Ausnahme bei Leistungen an Nichtsteuerpflichtige
Gem. § 3 b Abs. 3 Satz 1 UStG gilt die innergemeinschaftliche Güterbeförderung an einen Leistungsempfänger, der weder Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine USt-IdNr. erteilt wurde, grundsätzlich an dem Ort als bewirkt, wo sie beginnt. Demnach muss diese Ortsbestimmung aus der Sicht des Spediteurs nur dann berücksichtigt werden, wenn der Auftraggeber über keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügt. Dies führte in der Vergangenheit immer dazu, dass sich ein nicht im Inland ansässiger Spediteur, der Güterbeförderungen für Privatpersonen im Inland oder vom Inland ins Gemeinschaftsgebiet erbrachte, in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren lassen musste. Für Leistungen nach § 18j UStG können EU-ausländische Spediteure ihre umsatzsteuerlichen Verpflichtungen über den sog. One Stop-Shop (OSS) erfüllen.
Auftrag von Privatperson
Privatperson Meyer beauftragt den in Frankreich ansässigen Spediteur FR mit dem Transport eines Möbelstücks von Deutschland nach Italien. Die Gesamtleistung unterliegt in Deutschland, am Beginn der Beförderung, der Besteuerung. FR kann sich in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren lassen oder die anfallende deutsche Umsatzsteuer über den One-Stop-Shop gem. § 18j UStG erklären und abführen.
Ähnliche Konsequenzen ergeben sich auch für Umschlag- und Lagerleistungen, die gem. § 3 b Abs. 2 UStG immer an dem Ort als ausgeführt gelten, wo sie vom leistenden Unternehmer tatsächlich erbracht werden.
Einlagerung
Im o. g. Beispiel beauftragt Meyer einen in Italien ansässigen Spediteur mit der Einlagerung des Möbelstücks. Die Leistung unterliegt in Italien der Besteuerung. Der italienische Spediteur hat Meyer italienische Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen.
4.3 Leistungen an steuerpflichtige Auftraggeber
Sobald der Auftraggeber bei der Bestellung
- einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderungsleistung
- eines sog. Vor- und Nachlaufes einer innergemeinschaftlichen Güterbeförderung
- einer damit zusammenhängenden Umschlags- und Lagerleistung oder
- der Vermittlung einer der o. g. Leistungen
eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet oder als Unternehmer im Drittlandsgebiet ansässig ist, gilt seit 1.1.2010 als Leistungsort der Ansässigkeitsstaat des Auftraggebers.
USt-IdNr.
Im Speditionsbereich ist das Abstellen auf die bei der Bestellung verwandte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auftraggebers zum Alltag im Binnenmarkt geworden:
- deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auftraggebers: im Inland ansässiger Spediteur berechnet deutsche Umsatzsteuer;
- im übrigen Gemeinschaftsgebiet registrierte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Auftraggebers: im Inland ansässiger Spediteur berechnet keine Umsatzsteuer (Hinweis auf Reverse Charge und Meldung in der ZM).
Dabei ist zu beachten, dass bei den häufig vorkommenden Abweichungen zwischen Rechnungsempfänger und Auftraggeber (z. B. bei Frachtnachnahmen) die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsempfängers maßgeblich ist.
Bei der Abrechnung an im übrigen Gemeinschaftsgebiet für Umsatzsteuerzwecke registrierte Unternehmen ist die Umsatzsteuer des betreffenden Landes nicht zu berücksichtigen. Steuerschuldner ist gem. Art. 196 MwStSystRL der Auftraggeber (Rechnungsempfänger; Reverse-Charge-Verfahren). Für im Drittlandsgebiet ansässige Auftraggeber erbrachte Leistungen sind ebenfalls ohne deutsche Umsatzsteuer abzurechnen.
Abrechnung zwischen Unternehmern im Gemeinschaftsgebiet
Eine in Köln ansässige Spedition erhält den Auftrag, für einen deutschen Lieferanten leicht verderbliche Lebensmittel von Deutschland in die Niederlande zu transportieren. Sie beauftragt einen Frachtführer DE mit dem Transport vom Lieferanten zu einem Kühlhaus in Belgien. Ein niederländischer Frachtführer NL erhält den Auftrag, die Waren auf Abruf zu ihren Bestimmungsorten in den Niederlanden zu transportieren. Die Gesamtleistung, abgerechnet durch die in Köln ansässige Spedition an den deutschen Lieferanten, unterliegt in Deutschland der Besteuerung. Die deutsche Umsatzsteuer ist gesondert auszuweis...