Leitsatz
1. Der Umstand, dass eine Stiftung einen in ihr Vermögen gezahlten Betrag dem Zahlenden in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vorgang als verzinsliches Darlehen zur Verfügung stellt und mit den Zinserträgen ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fördert, ist für sich genommen noch kein Grund, den Spendenabzug zu versagen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 22.08.2019 – V R 67/16, BFHE 266, 1, BStBl II 2020, 40).
2. Da der Spendenabzug voraussetzt, dass sich die Zahlung an die steuerbegünstigte Körperschaft als unentgeltlich darstellt, darf mit einer gegenläufigen Darlehensgewährung kein Vorteil für den Zuwendenden verbunden sein. An einem solchen Vorteil fehlt es, wenn sowohl die Gewährung des Darlehens dem Grunde nach als auch die vereinbarten Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten und die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keinerlei Zweifel an dem aus Sicht des Zuwendenden nunmehr bestehenden Fremdkapitalcharakter dieser Mittel aufwirft.
3. Führt eine Revision zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das durch einen Einzelrichter handelnde FG, ist nicht an den Einzelrichter, sondern an den Vollsenat zurückzuweisen, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO ersichtlich nicht erfüllt waren und sind.
Normenkette
§ 10b Abs. 1a, Abs. 4 Satz 1 EStG, § 42, § 55 Abs. 1 AO, § 181 BGB, § 6 Abs. 1 FGO
Sachverhalt
Der Kläger gründete im Herbst 2011 eine rechtfähige gemeinnützige Stiftung. Er überwies ihr noch in diesem Jahr zweimal 200.000 EUR mit dem Verwendungszweck "Einlage Vermögensstock". Fast zeitgleich gewährte die Stiftung dem Kläger zwei Darlehen über jeweils 200.000 EUR, die mit 3,5 % jährlich zu verzinsen, zum Immobilienerwerb zu verwenden und endfällig am 1.1.2022 zurückzuzahlen waren. Der Kläger stellte zudem diverse Sicherheiten.
Das FA meinte, die an die Stiftung gezahlten 400.000 EUR könnten wegen des engen Zusammenhangs mit den gegenläufigen Darlehensgewährungen nicht als Spenden abgezogen werden. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Sächsisches FG, Urteil vom 12.7.2021, 5 K 1378/19, Haufe-Index 15820337).
Entscheidung
Die Revision war begründet. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz reichten nicht aus, um die Zahlungen des Klägers an die Stiftung nicht als unentgeltlich anzusehen.
Hinweis
Können Zahlungen an eine "eigene" gemeinnützige Stiftung als Spenden anerkannt werden, auch wenn der gezahlte Betrag direkt wieder von der Stiftung als Darlehen an den Spender ausgereicht wird und liquiditätsmäßig eigentlich keine Änderung eintritt? Die Antwort des BFH lautet nicht nein, sondern juristenmäßig: "Es kommt darauf an!"
1. Eine Darlehensvergabe durch die Stiftung steht einem Spendenabzug nicht per se entgegen, da es zum Wesen einer Stiftung gehört, ertragbringende Kapitalanlagen, auch in Gestalt der Gewährung verzinslicher Darlehen, zu tätigen. Allein der Umstand, dass ein solches Darlehen dem Zuwendenden gewährt wird, muss die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht zwangsläufig ausschließen. Entscheidend für die grundsätzliche Zulässigkeit von aus gespendeten Beträgen gewährten Darlehen an den Stifter ist vielmehr die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital.
2. Eine Spende ist eine Zahlung des Steuerpflichtigen an eine steuerbegünstigte Stiftung; sie muss unentgeltlich und freiwillig sein.
3. Da der Spendenabzug voraussetzt, dass sich die Zahlung an die steuerbegünstigte Körperschaft als unentgeltlich darstellt, darf mit einer gegenläufigen Darlehensgewährung kein Vorteil für den Zuwendenden verbunden sein.
4. Ein Darlehen, das dem Grunde nach in fremdüblicher Weise von einer Stiftung gewährt wird, dessen Konditionen einem Fremdvergleich standhalten und das entsprechend der vertraglichen Vereinbarung durchgeführt wird, stellt keinen Vorteil für den Spender dar. Es liegt nämlich ein ausgewogenes gegenseitiges Rechtsgeschäft vor.
5. Bei der Überprüfung der Fremdüblichkeit der Darlehnsvergabe dem Grunde nach ist insbesondere auf die Einhaltung der für die Anlage von Mitteln des Vermögensstocks einer Stiftung üblichen Grundsätze zu achten, die auch bei der Gewährung von Darlehen an einen Stifter nicht verletzt werden dürfen. Für solche Anlagen gilt in erster Linie das Gebot der sicheren und wirtschaftlichen Vermögensverwaltung. Risiko und erwarteter Ertrag müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen; der Grundsatz der Risikodiversifikation ist zu beachten.
6. Im Rahmen der Prüfung der Fremdüblichkeit der vereinbarten Darlehensbedingungen ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen.
Eventuelle Abweichungen vom Fremdüblichen, die sich im Hinblick auf eine bestimmte Detailfrage ergeben, können in gewissen Grenzen durch gegenläufige Gesichtspunkte ausgeglichen werden. Auch die Frage, ob die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind, kann von wesentlicher Bedeutung sein. So kann z.B. eine nicht volle Besicherung...