FinMin Mecklenburg-Vorpommern, Erlaß v. 17.11.2006, IV 301 - S 2223 - 35/06
1. Vertrauensschutz nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG
Nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG darf der Steuerpflichtige auf die Richtigkeit der Bestätigung über Spenden und Mitgliedsbeiträge vertrauen, es sei denn, dass er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat oder dass ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
Das geschützte Vertrauen des gutgläubigen Zuwendenden umfasst u.a. das Vertrauen in den Status der Körperschaft und in die Verwendung der Zuwendung. Der Zuwendungsabzug bleibt ihm also auch dann erhalten, wenn der Körperschaft rückwirkend für den Veranlagungszeitraum, in dem die Zuwendung geleistet wurde, die Gemeinnützigkeit aberkannt wird.
Widerruft der Aussteller die unrichtige Zuwendungsbestätigung, bevor der Zuwendende seine Steuererklärung einschließlich der unrichtigen Bestätigung beim FA abgegeben hat, kann der Zuwendende nicht mehr auf die Richtigkeit der Bestätigung vertrauen. Auch bei der Anwendung der Vertrauensschutzregelung ist zu beachten, dass die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen sind (§ 150 Abs. 2 AO). Deshalb darf der Zuwendende in diesem Fall den Abzug der Zuwendung nicht mehr unter Hinweis auf den Vertrauensschutz beantragen.
Die „Bösgläubigkeit” des Zuwendenden ist u.a. gegeben,
wenn die „Zuwendung” nicht freigiebig gewährt wurde, weil ihr eine Gegenleistung gegenübersteht und der Zuwendende dies wusste (vgl. einerseits für den Fall einer „Beitrittsspende” in einen Golfclub: FG Münster, Urteil vom 26.4.2001 (EFG 2001 S. 1273) – NZB abgewiesen: Der Steuerpflichtige wusste, dass die Mitgliedschaft und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit der Anlagen von der Zahlung der „Beitrittsspende” abhängt;
andererseits aber keine „Bösgläubigkeit” bei schwieriger rechtlicher Einordnung der Zahlung: Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 28.3.2001 (EFG 2001 S. 815) – NZB abgewiesen: für Zahlungen an einen Schulverein)
oder
- wenn ihm Umstände bekannt sind, die für eine Verwendung der Zuwendung sprechen, die nicht der Bestätigung entspricht.
Folge der „Bösgläubigkeit”: Der Zuwendungsabzug ist nicht zu gewähren. Wurde der Zuwendungsabzug bereits gewährt, kann der Steuerbescheid des Zuwendenden nach den Vorschriften der AO (z.B. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) geändert werden.
2. Haftung nach § 10b Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG
2.1 Bindung der Haftungsinanspruchnahme an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden
Mit dem Vertrauensschutz korrespondiert die Haftungsregelung in § 10b Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG. Danach haftet für die entgangene Steuer, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausstellt (erste Alternative – „Ausstellerhaftung”) oder wer veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (zweite Alternative – „Veranlasserhaftung”). Die Inanspruchnahme zur Haftung setzt voraus, dass beim Zuwendenden Vertrauensschutz gemäß § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG besteht. Nach der Gesetzesbegründung (Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 11/4305 vom 6.4.1989, zu 6. und 9. und Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses [7. Ausschuss], BT-Drucks. 11/5582 vom 7.11.1989, zu „Spendenabzug”) müssen die Finanzämter bei der Haftungsinanspruchnahme stets die Gutgläubigkeit des Zuwendenden prüfen.
Die Darlegungs- und Beweislast für die den Vertrauensschutz ausschließenden Gründe hat im Haftungsverfahren der Aussteller der unrichtigen Zuwendungsbestätigung.
Die Haftung soll dem Missbrauch von Zuwendungsbestätigungen entgegenwirken. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn eine nicht gemeinnützige oder eine zwar gemeinnützige aber nicht spendenbegünstigte Körperschaft Zuwendungsbestätigungen ausstellt, wenn der Wert einer Zuwendung in der Bestätigung zu hoch angegeben wird oder wenn Bestätigungen über Zuwendungen für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgestellt werden.
2.2 Ausstellerhaftung (§ 10b Abs. 4 Satz 2 erste Alternative EStG)
2.2.1 Unrichtigkeit
Erforderlich ist hierbei eine objektive Unrichtigkeit hinsichtlich der für den Zuwendungsabzug wesentlichen Angaben, insbesondere
- die Zahlung als solche (dass und in welcher Höhe eine Zuwendung erfolgt ist),
- der Verwendungszweck,
- der steuerbegünstigte Status der zuwendungsempfangenden Körperschaft (BFH-Urteil vom 12.8.1999, BStBl 2000 II S. 65),
- die Qualifikation als (freigiebige) Zuwendung; weist die Bestätigung bestimmte Beträge, die keine Zuwendungen sind (z.B. wegen des entgeltlichen Charakters), als solche aus, ist die Bestätigung unrichtig (BFH-Urteil vom 12.8.1999, BStBl 2000 II S. 65),
die bei Sachspenden zusätzlich erforderlichen Abgaben (vgl. Muster der Zuwendungsbestätigungen (Anlage zum BMF-Schreiben vom 18.11.1999, BStBl 1999 I S. 979) und Tz. 9 des BMF-Schreibens vom 2.6.2000, BStBl 2000 I S. 592):
- genaue Bezeichnung der zu...