Leitsatz

1. Für eine Übergangszeit (bis zum regulären Ende der laufenden Legislaturperiode) ist von der Weitergeltung des § 48 Abs. 2 EStDV i.V.m. Abschn. 111 und Anlage 7 EStR auszugehen (Anschluss an BFH-Urteil vom 24. November 1993 X R 5/91, BFHE 173, 519, BStBl II 1994, 683).

2. Der Begriff „Volksbildung” in Anlage 7 Nr. 5 zu Abschn. 111 Abs. 1 EStR umfasst auch die politische Bildung.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 4 , AO 1977 § 52 Abs. 2 Nr. 1 und , AO 1977 § 52 Abs. 2 Nr. 3 , R 111 Abs. 1 EStR und , EStR Anlage 7 Nr. 5

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.09.1999, XI R 63/98

Anmerkung

Ein als gemeinnützig anerkannter Verein kann für die entgangene Steuer in Haftung genommen werden, wenn die ihm zugeflossenen Spenden nicht zu den in der Spendenbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwandt werden. Dies wurde einem Verein mit der Zielsetzung der Förderung der staatsbürgerlichen Bildung vorgeworfen, weil er eine nach Meinung des FA politisch einseitige Anzeigenkampagne durchgeführt und sich damit nicht parteipolitisch neutral verhalten habe.

Die Revision führte zur Zurückverweisung an das FG. Der BFH stellt die folgenden Grundsätze auf:

• Der Begriff des als besonders förderungswürdig anerkannten Zwecks der Volksbildung umfasst auch die politische Bildung. Dabei darf an tagespolitische Ereignisse angeknüpft werden; die Tagespolitik darf aber nicht im Mittelpunkt stehen. Entscheidend ist daher die Veranlassung und politische Motivation einzelner Betätigungen. Die Durchsetzung bestimmter Einzelinteressen oder eine parteipolitische Einflussnahme ist jedenfalls von dem gemeinnützigen Zweck nicht mehr gedeckt.

• Die Entscheidung ist noch zu dem bis 1999 geltenden Spendenrecht ergangen. Hier war die Rechtsgrundlage für die Anerkennung der besonders förderungswürdigen Zwecke von Rechtsprechung und Schrifttum angezweifelt worden. Das Steuerbereinigungsgesetz 1999 hat inzwischen durch Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ab 2000 – insoweit ohne sachliche Änderung – eine eindeutige Rechtslage geschaffen. Im Hinblick auf die bevorstehende Rechtsänderung hielt der BFH die Zugrundelegung der bisherigen Regelungen für die Übergangszeit noch für vertretbar, obwohl der Fall schon im Jahre 1991 spielte.

Dem FG fällt nun die nicht leichte Aufgabe zu, zu prüfen, ob noch eine allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens vorlag oder ob bereits die Grenzen zur Tagespolitik oder gar zu einer einseitigen Agitation überschritte waren.

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