Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Die Vermietung von Kfz-Stellplätzen anlässlich von Automärkten ist eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung an die potenziellen Verkäufer der Kraftfahrzeuge, wenn die erbrachten weiteren Leistungen an die potenziellen Kfz-Verkäufer unwesentlich und damit nicht leistungsbestimmend sind. Jedoch entfällt die Steuerbefreiung, wenn es sich um eine Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG handelt.
Sachverhalt
Die Klägerin veranstaltete in den Streitjahren 2013-2017 an verschiedenen Standorten Automärkte und vermietete Pkw-Verkaufsplätze an private und gewerbliche Verkaufsinteressenten. Nach Entgeltentrichtung durften die Verkäufer innerhalb der Verkaufsfläche an dem zugewiesenen Stellplatz ihren Pkw anbieten. Das anwesende Kassen- und Ordnungspersonal der Klägerin leistete keine Unterstützung bei den Verkaufsprozessen. Ein der Klägerin gehörendes Geldscheinprüfgerät durften die Verkäufer benutzen. Bei den Automärkten auf dem Gelände von Autokinos gab es sogenannte Snackbars in feststehenden Gebäuden. Insoweit hatten Besucher und Verkäufer die gleichen Preise zu bezahlen. Teilweise boten Drittanbieter die Erstellung von Autokennzeichen gegen Entgelt an.
Entscheidung
Zwar erbringt die Klägerin nach Auffassung des FG eine Grundstücksvermietung, jedoch handelt es sich dabei um eine nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht steuerbefreite Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen.
Die Vermietung von Kfz-Stellplätzen anlässlich von Automärkten ist eine nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietung an die potenziellen Verkäufer der Kfz, wenn die erbrachten weiteren Leistungen an die potenziellen Kfz-Verkäufer wie hier unwesentlich und damit nicht leistungsbestimmend sind. Im Streitfall erbrachte die Klägerin als weitere zusätzliche Leistungen unter anderem die Stellung von Kassen- und Ordnungspersonal und eines Geldscheinprüfgeräts sowie den Verkauf von Essen und Trinken an Snackbars gegen extra Entgelt. Hierbei handelt es sich jedoch im Verhältnis zur Platzvermietung nur um geringfügige Leistungen. So unterstützte das oben genannte Personal des Klägers die Verkäufer nicht bei den Verkaufsprozessen. Auch konnten Dienstleistungen von Drittanbietern der Klägerin nicht zugerechnet werden. Der Verkauf von Essen und Trinken an den Snackbars gegen gesondertes Entgelt durch die Klägerin war nicht untrennbar mit der Vermietungsleistung an die Verkäufer verbunden. Die genannten zusätzlichen Leistungen der Klägerin sind so unwesentlich, dass die Leistungen der Klägerin insgesamt als Vermietung eines Stellplatzes für ein Fahrzeug anzusehen sind.
Diese geringfügigen zusätzlichen Leistungen führen dazu, dass es sich nicht um eine Zurverfügungstellung einer "Automarktplattform" handelt (im Gegensatz zu FG München, Urteil v. 29.9.2021, 3 K 2294/18).
Nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen unter anderem nicht befreit. Zwar gibt es für den insoweit maßgeblichen Art. 135 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL von der deutschen Sprachfassung abweichende Sprachfassungen anderer EU-Staaten, die auf einschränkendes Verständnis im Sinne von "Parken" hinweisen. Daher ist bei abweichenden Sprachfassungen die Bedeutung des betroffenen Ausdrucks anhand von Sinn und Zweck der betroffenen EU-Regelung auszulegen. Rückausnahmen von Steuerbefreiungen (hier § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) sind nicht eng auszulegen. Sinn und Zweck der Befreiung von Vermietungsleistungen sind soziale Gründe gewesen. Diese sozialen Gründe liegen z. B. bei der Vermietung von Bootliegeplätzen nicht vor, sodass diese von der Rückausnahme erfasst werden, vgl. EuGH, Urteil v. 3.3.2005, C-428/02 (Fonden Marselisborg Lystbådehavn). Nach dem EuGH gilt die Rückausnahme generell für die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Beförderungsmitteln; sie umfasst daher nach Auffassung des FG auch die Vermietung von Stellplätzen zum Abstellen für von zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge. Bei dieser Leistung treffen zudem die sozialen Gründe für die Befreiung von Vermietungsleistungen ebenfalls nicht zu.
Im Streitfall hat die Klägerin solche Vermietungsleistungen ausgeführt und diese stellen nicht nur Nebenleistungen dar. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass sie Kfz-Anbietern lediglich die Berechtigung einräume, eine Verkaufsfläche in Form eines Stellplatzes zu nutzen.
Hinweis
Ob § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG aufgrund der unterschiedlichen Sprachfassungen nicht die Vermietung von Flächen zum Abstellen von zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge umfasst, ließ der BFH bislang offen (BFH, Urteil v. 29.3.2017, XI R 20/15). Deshalb hat das FG die Revision zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil v. 30.01.2024, 5 K 1078/23