Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
2.10.1 Strom- und energiesteuerlicher Spitzenausgleich
Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S.v. § 2 Nr. 3 StromStG können, unter engen Voraussetzungen, eine weitgehende Entlastung von der gezahlten Strom- und Energiesteuer im Rahmen des sog. "Spitzenausgleichs" des § 10 StromStG sowie § 55 EnergieStG beantragen. Für die Gewährung der Steuerentlastung ist u.a. grds. erforderlich, dass die von der Bundesregierung gesetzten jährlichen Zielwerte der Reduzierung der Energieintensität auf Ebene des gesamten produzierenden Gewerbes erreicht werden.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes zur Verlängerung des sog. Spitzenausgleichs (BGBl 2022 I S. 2483) wurde die eigentlich 2022 auslaufende Möglichkeit der Beantragung der weitgehenden Entlastung von der gezahlten Strom- und Energiesteuer (§§ 10 StromStG, § 55 EnergieStG) für 2023 verlängert. Dabei wird die Gewährung für 2023 einmalig nicht davon abhängig gemacht, dass ein Zielwert für eine Reduzierung der Energieintensität erreicht wurde. Weitere Änderungen des Gesetzes betreffen u.a. auch eine Erweiterung der Verordnungsermächtigung des § 11 Satz 1 Nr. 4 StromStG, die bei bestimmten Unternehmen zum Verlust der Entlastungsberechtigung führen kann.
Als Teil des Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 wurde die Stromsteuerentlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes befristet für die Jahre 2024 und 2025 erhöht, vgl. dazu Kapitel Ausblick Tz. 3.
2.10.2 Umwandlung und Aufbereitung von Energieerzeugnissen
Strom, der zur Stromerzeugung verwendet wird, ist nach dem Unionsrecht (Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG) von der Stromsteuer zu befreien, in Deutschland umgesetzt in § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG.
Der EuGH äußerte sich im EuGH-Urteil v. 9.3.2023 (C-571/21) zum Umfang der Steuerbefreiung im Rahmen der Kohleverstromung aus Tagebauen. Dabei bestätigt er, dass der Strom, der zur Brennstoffherstellung verwendet wird, nicht begünstigt werden soll. Allerdings könne sich die Steuerbefreiung auf die anschließende Umwandlung und Aufbereitung dieses Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zweck der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen (vgl. Rn. 42 des Urteils). Auch könne der Strom begünstigt sein, der für den Betrieb von Anlagen zur Lagerung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle und von Transportmitteln bestimmt ist, mit denen dieses Erzeugnis aus den Tagebauen zu den Kraftwerken transportiert werden kann. Das kann laut EuGH der Fall sein, wenn diese Vorgänge innerhalb des Kraftwerks stattfinden und sie für die Aufrechterhaltung der Fähigkeit des technologischen Prozesses, elektrischen Strom zu erzeugen, unentbehrlich sind und hierzu unmittelbar beitragen, weil diese Vorgänge erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der Fähigkeit einer ununterbrochenen Stromerzeugung zu gewährleisten.
Die Folgeentscheidung des FG Düsseldorf sowie die Reaktion der deutschen Zollverwaltung bleiben abzuwarten. Unternehmen, die die Steuerbefreiung "Strom zur Stromerzeugung" in Anspruch nehmen, sollten prüfen, ob sie die Ausführungen des EuGH als Argumentationshilfe bei der Abgrenzung von Strommengen nutzen können.
2.10.3 Keine Steuerbefreiung für aus Gasgemisch erzeugten Strom
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ist Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch entnommen wird, von der Steuer befreit. Dabei liegt Strom aus erneuerbaren Energieträgern nur dann vor, wenn er ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Erdwärme, Deponiegas, Klärgas oder aus Biomasse erzeugt wird (§ 2 Nr. 7 StromStG). Strom, der mit einem aus dem Erdgasnetz entnommenen Gemisch von begünstigtem und nicht begünstigtem Gas erzeugt wird, ist laut BFH nicht von der Steuer befreit. Erforderlich sei vielmehr die ausschließliche Verwendung von Biogas oder anderen erneuerbaren Energieträgern zur Erzeugung von Strom (BFH, Beschluss v. 17.1.2023, VII R 54/20, BFH/NV 2023 S. 925). Dabei stellte der BFH auf die tatsächliche Betrachtungsweise ab. Voraussetzung für die Steuerbefreiung sei die tatsächliche, d.h. physikalische, Verwendung von erneuerbaren Energieträgern (hier: Biogas). Auf die kaufmännisch-bilanzielle Betrachtungsweise komme es nicht an. Aus dem Ausschließlichkeitskriterium in § 2 Nr. 7 StromStG ergebe sich, dass die Herstellung von Strom mit Gas aus dem allgemeinen Gasnetz, in das Biogas eingeleitet worden ist und sich mit dem dort vorhandenen Erdgas vermischt hat, nicht begünstigt ist.
Wie der BFH selbst erwähnt, sind am Ort der Erzeugung von Biogas oftmals keine ausreichenden Nutzungsmöglichkeiten gegeben. Deshalb muss das erzeugte Biogas in der Regel in das allgemeine Gasnetz eingespeist werden, damit es an anderer Stelle genutzt werden kann. Unternehmen, die die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG in Anspruch nehmen, sollten daher die Auswirkungen der BFH-Entscheidung genau prüfen.
2.10.4 Wärmeverluste bei Fernwärme
Laut BFH sind die zur Kompensierung von Wärmeverlust...