Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Das sog. Inclusive Framework on BEPS der OECD (bestehend aus mehr als 140 Staaten) widmet sich seit mehreren Jahren einer Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung mit dem Ziel der weltweiten Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung in Form von schädlichem Steuerwettbewerb und aggressiver Steuergestaltung (BEPS). Bestandteile der aus zwei Arbeitssträngen bestehenden Reform, der sog. Zwei-Säulen-Lösung für die steuerlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft, sind
- die partielle Neuzuordnung der Besteuerungsrechte auf Marktstaaten (Pillar 1) und
- die globale effektive Mindestbesteuerung der Gewinne multinationaler Unternehmen (Pillar 2).
Pillar 2 verfolgt im Wesentlichen die Zielsetzung, dass große Konzerne in jedem Staat, in dem sie über Geschäftseinheiten verfügen, effektiv mit mindestens 15 Prozent besteuert werden.
6.1 Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft (Pillar 1)
BEPS Pillar 1 setzt sich aus Amount A und Amount B zusammen. Ziel der Regelungen zu Amount A ist die Neuzuordnung von Besteuerungsrechten für einen Teil des Gewinns von besonders großen und hochprofitablen Unternehmen auf sog. Marktstaaten, also Jurisdiktionen, in denen Waren und Dienstleistungen konsumiert werden. Dem Anwendungsbereich von Amount A sollen Unternehmen unterliegen, deren globaler Umsatz größer als 20 Mrd. EUR und deren Profitabilität größer als 10 Prozent ist.
Am 11.10.2023 hat die OECD ein Paket mit Dokumenten zur Umsetzung von Amount A veröffentlicht. Schwerpunkt ist das sog. multilaterale Abkommen (Multilateral Convention, MLC), daneben finden sich begleitende Dokumente zu weiteren Details der Umsetzung, das sog. Explanatory Statement und das sog. Understanding on the Application of Certainty. Ziel dieser Regelungen ist es, bei der Neuzuordnung von Besteuerungsrechten Doppelbesteuerung zu vermeiden, Rechtssicherheit in diesem steuerlichen Bereich zu schaffen und Streitbeilegungsprozesse aufzuzeigen sowie die Einführung jeglicher Arten von nationalen Digitalsteuern (unabhängig von ihrem Bezug zu von Amount A erfassten Unternehmen) zu verhindern.
Das Inkrafttreten des MLC ist von der Ratifizierung durch mindestens 30 Staaten abhängig, welche mindestens 60 % der vom Anwendungsbereich von Amount A betroffenen multinationalen Unternehmen abdecken. Nach Ablauf eines 7-Jahres-Zeitraums soll eine Überprüfung der Umsetzung des MLC und ggf. eine Herabsetzung des Umsatzschwellenwerts von 20 Mrd. EUR auf 10 Mrd. EUR erfolgen. Unabhängig davon dürften die Bemühungen nach einer langfristigen abgestimmten Lösung zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft nicht abreißen.
Der unter Pillar 1 ebenfalls entwickelte Ansatz des sog. Amount B verfolgt hingegen ganz generell eine vereinfachte und gezieltere Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Basistätigkeiten im Bereich Marketing und Vertrieb. Erfasst sein sollen demnach einfache Vertriebstätigkeiten ohne den Einsatz einzigartiger immaterieller Werte, deren Vergütung anhand einer sog. one-sided method (z.B. transaktionsbezogene Nettomargenmethode) bestimmt wird. Festhaltend an dem Grundprinzip des Amount B sieht das neue Konsultationspapier der OECD vom 17.7.2023 im Vergleich zu der Fassung aus Dezember 2022 wesentliche Anpassungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich sowie Spezifizierungen hinsichtlich der fremdüblichen Bestimmung des sog. "return under the simplified and streamlined approach", d.h. des Betrags, der die Vergütung für die Basistätigkeiten darstellt, vor.
Die konkrete Umsetzung von Amount B, ob etwa als verpflichtende Vorschrift oder als Safe Harbour Regelung, ist derzeit noch offen und soll bis zum Jahresende ausgearbeitet werden. Weiterhin ist eine Umsetzung und Einführung von Amount B bereits für das Jahr 2024 geplant.
6.2 Umsetzung der Mindeststeuer (Pillar 2)
Das Gesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen (Mindeststeuergesetz – MinStG) ist Teil des Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (MinBestRL-UmsG), welches der nationalen Umsetzung der europäischen Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates vom 14.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen effektiven Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union dient.
Das MinBestRL-UmsG (Bundesratszustimmung vom 15.12.2023) übernimmt die Vorschriften der EU Richtlinie und der OECD Model Rules und orientiert sich im Wortlaut in weiten Teilen eng an diesen. Umgesetzt sind zudem die sog. Agreed Administrative Guidance des Inclusive Framework on BEPS vom 2.2.2023 bzw. 17.7.2023. Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit der Einführung der Mindeststeuer begleitende Anpassungen im Handelsgesetzbuch, im Finanzverwaltungsgesetz und der Abgabenordnung vorgesehen.
Das MinBestRL-UmsG tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft, nach den EU-Vorgaben soll dies spätestens am 31.12.2023 erfolgen. Das MinStG wird grundsätzlich auf Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 30.12.2023 beginnen. Eine fristgerechte Umsetzung der EU-Mindestbesteuerungsrichtlinie in Deutschland z...