Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
1.1 Erhöhung von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag
Mit dem Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 v. 2.12.2024 (BGBl 2024 I Nr. 386) wird rückwirkend zum 1.1.2024 der Grundfreibetrag um 180 EUR auf 11.784 EUR und der Kinderfreibetrag für jeden Elternteil um 114 EUR auf 3.306 EUR (bei Zusammenveranlagung 6.612 EUR) angehoben.
Die rückwirkende Anhebung der Freibeträge soll durch eine "besondere Lohnsteuerberechnung" im Dezember 2024 umgesetzt werden. Es erfolgen keine Korrekturen der Lohnabrechnungen Januar 2024 bis November 2024. Arbeitnehmer, die im Dezember 2024 in keinem Arbeitsverhältnis mehr standen, müssen die steuerliche Entlastung daher im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung 2024 geltend machen.
Mit der Anpassung des Grundfreibetrags hat sich automatisch auch der Unterhaltshöchstbetrag für VZ 2024 auf 11.784 EUR erhöht, da dieser gesetzlich direkt an den Grundfreibetrag gekoppelt ist (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG).
1.2 Tarifermäßigung für mehrjährige Erstattungszinsen
Zusammengeballte Steuererstattungen für mehrere Streitjahre (etwa infolge eines langen Rechtsstreits) können nach der sog. Fünftelungsregelung ermäßigt besteuert werden. Laut BFH gilt dies nicht nur für die Steuererstattung selbst, sondern auch für hierdurch ausgelöste Erstattungszinsen (BFH, Urteil v. 30.8.2023, X R 2/22, BStBl. 2024 II S. 630). Im konkreten Fall sah der BFH das Merkmal der Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG als erfüllt an. Erstattungszinsen seien Vorteile von wirtschaftlichem Wert im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart und demzufolge eine Vergütung im Sinne der Vorschrift. Dabei umfasse eine "Tätigkeit" im Sinne der Vorschrift auch eine nicht freiwillige Kapitalüberlassung an das Finanzamt in Gestalt der zu hoch festgesetzten Steuern.
Steuerpflichtige, die Steuererstattungen für mehrere Veranlagungszeiträume und dementsprechende Erstattungszinsen erhalten, sollten daher prüfen, ob eine Tarifermäßigung in Betracht kommt.
1.3 Zinssatz für AdV-Zinsen
Bei erfolglosem Einspruch oder Klageverfahren ist ein ausgesetzter Steuerbetrag mit 6% pro Jahr zu verzinsen (AdV-Zinsen, § 237 AO). Der BFH hält den gesetzlichen Zinssatz von 6% pro Jahr für verfassungswidrig (BFH, Beschluss v. 8.5.2024, VIII R 9/23, BFH/NV 2024 S. 1207) und sieht in § 237 Abs. 1 Satz 1 AO einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen, die AdV beantragen und solchen die es nicht tun, sei der Höhe nach nicht gerechtfertigt. Dies gelte umso mehr in einer Niedrigzinsphase. Zweck der Einführung von AdV-Zinsen war insbesondere, den Liquiditätsvorteil derjenigen Steuerpflichtigen abzuschöpfen, die AdV beantragen und gewährt bekommen. Dieser Liquiditätsvorteil sei aber zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase nicht gegeben. Der BFH legt dem BVerfG daher die Frage vor, ob der Zinssatz seit dem 1.1.2019 bis zum 15.4.2021 insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar oder verfassungswidrig ist.
Mit Beschluss vom 8.7.2021 (1 BvR 2237/14) erklärte das BVerfG die ursprünglich geltenden Zinssätze von 6% p.a. für die Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen (sog. Vollverzinsung) für verfassungswidrig. Daraufhin senkte der Gesetzgeber rückwirkend auf den 1.1.2019 allein den Zinssatz für die Vollverzinsung auf nunmehr 1,8% p.a. Auch für diese Ungleichbehandlung von Nachzahlungszinsen und AdV-Zinsen sieht der BFH keine Rechtfertigung.
Betroffene Steuerpflichtige sollten gegen festgesetzte AdV-Zinsen Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das beim BVerfG anhängige Verfahren unter 1 BvL 8/24 einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens stellen.
Dem folgend gewährt der VI. BFH-Senat AdV für Zinszeiträume ab 1.1.2019, allerdings nicht in voller Höhe, sondern nur in Höhe der gesetzlichen Spreizung der Zinssätze bei AdV-Zinsen (jährlich 6 %) und Nachzahlungszinsen (jährlich 1,8 %) und damit in Höhe von 0,35 % für jeden Monat (entsprechend 4,2 % jährlich). Nur insoweit würden die vom VIII. Senat im o.g. Vorlagebeschluss angeführten Argumente im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der Zinshöhe (Niedrigzinsphase/Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Nachzahlungszinsen) greifen. Die zeitliche Grenze zieht der VI. Senat dagegen über die des VIII. Senats (15.04.2021) hinaus und gewährte die AdV bis zum konkret betroffenen Zinsende (27.3.2023), und zwar unabhängig von der Frage, zu welchem Zeitpunkt genau die Niedrigzinsphase geendet habe (BFH, Beschluss v. 24.10.2024, VI B 35/24 (AdV)).
1.4 Neue Grundsteuer: Nachweis eines niedrigeren Wertes
Aufgrund der Grundsteuerreform (vgl. Grundsteuerreformgesetz v. 26.11.2019, BGBl 2019 I S. 1794 und Grundsteuerreformumsetzungsgesetz v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S. 2931) erfolgt eine Neubewertung der Grundstücke zum 1.1.2022 (Neuregelungen im BewG) und die erstmalige Erhebung der neuen Grundsteuer zum 1.1.2025.
Das Jahressteuergesetz 2024 v. 2.12.2024 (BGBl 2024 I Nr. 387) fügt in § 220 Abs. 2 BewG die Möglichkeit des Nachweises eines im Vergleich zum ermittelten (neuen) Grundsteuerwert niedrigeren gemeinen Werts ein. Übersteigt der ermittelte Grundsteuerwert den na...