Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
2.12.1 Zurechnung eines Grundstücks
Bei der Grunderwerbsteuer entfaltet die Frage des "Gehörens" eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft im Hinblick auf die Verwirklichung der grunderwerbsteuerbaren Ergänzungstatbestände (§ 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG) erhebliche Relevanz.
Im Jahr 2023 hatte sich die Finanzverwaltung mit ihren gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 16.10.2023 (BStBl 2023 I S. 1872) in Folge der zuvor ergangenen BFH-Rechtsprechung positioniert (u.a. zu Urteil v. 1.12.2021, II R 44/18, BStBl 2023 II S. 1009) und diese in weiten Teilen anerkannt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung vertritt auch die Verwaltung in ihren Erlassen den anerkannten Grundsatz, dass die Zurechnung von Grundstücken allein nach grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen erfolgt. Danach ist für Beginn und Ende einer grunderwerbsteuerlichen Zurechnung nur die Verwirklichung der Tatbestände nach § 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG entscheidend. Das bedeutet, durch die Verwirklichung der Tatbestände nach § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG, die den Übergang auf eine neue Gesellschaft fingieren, ändert sich die grunderwerbsteuerliche Zurechnung nicht. Insbesondere aufgrund der Zurechnung eines Grundstücks in Folge der Verwirklichung eines Vorgangs nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG kann es nach diesen Grundsätzen zur Mehrfachzurechnung ein und desselben Grundstücks und in der Folge zur Mehrfachbesteuerung kommen.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 v. 2.12.2024 (BGBl 2024 I Nr. 387) hat der Gesetzgeber für die Frage des "Gehörens" eine gesetzliche Neuregelung geschaffen. Gem. § 1 Abs. 4a Satz 1 GrEStG gehört ein Grundstück zum Vermögen einer Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a GrEStG, wenn die Gesellschaft es aufgrund eines Vorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat; ein Grundstück kann auch einer (zweiten) Gesellschaft gehören, wenn diese die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat (§ 1 Abs. 4a Satz 4 GrEStG). Die Zugehörigkeit endet, wenn ein anderer Rechtsträger das Grundstück aufgrund eines Rechtsvorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat oder wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die zur Zugehörigkeit geführt haben. Das bedeutet, gemäß der Neuregelung scheidet eine nochmalige Zurechnung eines Grundstücks bei Verwirklichung eines Vorgangs der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG aus. In diesen Fällen kann daher im Ergebnis entgegen der Auffassung der Rechtsprechung und Verwaltung keine Doppelzurechnung desselben Grundstücks erfolgen.
Zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen ordnet zudem § 1 Abs. 4a Satz 3 GrEStG einen rückwirkenden Entfall der Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft an.
2.12.2 Überarbeitete Ländererlasse zur grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung
Mit ihren gleichlautenden Ländererlassen v. 5.3.2024 (BStBl 2024 I S. 383 und S. 393) haben sich die obersten Finanzbehörden der Länder zu Anwendungsfragen bei der Vereinigung von mindestens 90 % der Anteile einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft bzw. den Übergang bereits vereinigter Anteile geäußert (sog. Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG).
Der Erlass verweist zudem auf die gleichlautenden Erlasse zu Treuhandgeschäften v. 19.9.2018 (BStBl 2018 I S. 1074) und auf die auf denselben Tag datiert redaktionell überarbeiteten Erlasse zur Anwendung des § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 GrEStG auf Organschaftsfälle (Erlass v. 5.3.2024, BStBl 2024 I S. 393).
Hervorzuheben sind u.a. die Aussagen zur Bestimmung der Anteile einer Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG, zur Berücksichtigung mittelbarer Anteilserwerbe, zum Mehrfachen Inbetrachtkommen des § 1 Abs. 3 GrEStG, zur Verstärkung einer Anteilsvereinigung, zur Subsidiarität zu § 1 Abs. 2a bzw. 2b GrEStG, zu verfahrensrechtlichen Abläufen sowie zur Anwendung der §§ 3, 4 und 6 GrEStG (Ausnahmen von der Besteuerung sowie Begünstigungsvorschriften). Im Übrigen gibt der Erlass bekannte Grundsätze wieder, insbesondere zur Anrechnung nach § 1 Abs. 6 GrEStG (Tz. 9), zum Steuerschuldner (Tz. 12) und zu den Anzeigepflichten (Tz. 13).