Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Zinsaufwendungen sind nur in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA abziehbar (sog. Zinsschranke des § 4h EStG). Unter bestimmten Voraussetzungen (Einhalten der Freigrenze von 3 Mio. EUR; stand-alone-Klausel, Eigenkapital-Escape) wird der vollständige Abzug ermöglicht. Durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz v. 22.12.2023 (BGBl 2023 I Nr. 411) wurden umfangreiche Anpassungen vorgenommen, u.a. bei
- der Definition der Zinsaufwendungen und Zinserträge (Anpassung an die Vorgaben der Anti Tax Avoidance Directive (ATAD), § 4h Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG),
- den Voraussetzungen der Konzernklausel (greift grundsätzlich nur noch, wenn der Steuerpflichtige keiner Person i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG nahesteht und über keine Betriebsstätte außerhalb des (Wohn-)Sitzstaats, des Staats des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Geschäftsleitung verfügt, § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG),
- dem Eigenkapital-Escape (§ 4h Abs. 3 Satz 5 EStG),
- den Zins- und EBITDA-Vorträgen (ein nicht verbrauchter Zins- oder EBITDA-Vortrag geht auch im Fall der Aufgabe oder Übertragung des Teilbetriebs anteilig unter, § 4h Abs. 5 Satz 4 EStG).
Ergänzend erfolgten Änderungen in § 8a KStG (Streichung des bisherigen § 8a Abs. 2 KStG infolge der Anpassung der Konzernklausel; Anpassungen bei der Prüfung der 10%-Grenze zur schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung).
Vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung überarbeitete das BMF sein bisheriges Anwendungsschreiben zur Zinsschranke v. 4.7.2008 (BStBl 2008 I S. 718) und übersendete am 9.10.2024 einen entsprechenden Entwurf an die Verbände. Dabei äußert sich der Entwurf u.a. zu folgenden Punkten:
Umfang der Zinsaufwendungen und Zinserträge:
Der BMF-Entwurf führt u.a. die neben den bereits durch Gesetzesverweis auf die ATAD-Regelbeispiele erfassten Komponenten insbesondere auch Aufwendungen für Zins-Swaps, Bereitstellungszinsen, Avalprovisionen, Arrangement Fees, Agency-/Security Agency Fees, fiktive Zinsen durch Vorteilsverbrauch sowie Aufwand aus Ausbuchung einer Forderung beim echten Factoring als Zinsaufwendungen i.S.d. Zinsschranke auf. Zudem sollen ohne nähere Erläuterung ähnliche Aufwendungen ebenfalls als derartige Zinsaufwendungen (Rz. 18) gelten. Zinsen, die wegen spezieller Betriebsausgabenabzugsverbote nicht abziehbar sind (z.B. §§ 4i, 4k EStG), sollen nicht unter die Zinsschranke fallen. Steuerpflichtige Erstattungszinsen sollen Zinserträge darstellen (Rz. 21). Nicht zu Zinsaufwendungen/-erträge i.S.d. Zinsschranke sollen Nichtabnahmeentschädigungen, Skonti und Boni, Reisekosten sowie Notar- und Gutachterkosten führen (Rz. 28). Weiterhin nicht zu den Zinserträgen zählen nach dem BMF-Entwurf Gewinnauswirkungen in Zusammenhang mit Rückstellungen und damit insbesondere die Aufzinsung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG. Die spätere Ausbuchung bzw. Abschreibung von nach § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB als Herstellungskosten angesetzten Zinsaufwendungen (z.B. Bauzeitzinsen) soll insoweit zu Zinsaufwendungen i.S.d. Zinsschranke führen. Der aktivierte Zinsbetrag soll dabei für jeden Posten des Anlagevermögens separat anzugeben sein (Rz. 16).
Untergang von Zins- und EBITDA-Vorträgen:
Darüber hinaus soll nach Verwaltungsauffassung das Ausscheiden einer Organgesellschaft aus dem Organkreis als schädliches Ereignis i.S. einer Aufgabe eines Teilbetriebs nach § 4h Abs. 5 EStG gelten und somit zum Untergang nicht verbrauchter Zins- und EBITDA-Vorträge führen (Rz. 43). Hingegen soll ein unterjähriges schädliches Ereignis nicht zum Untergang der Zinsaufwendungen des laufenden Wirtschaftsjahres für Zwecke der Zinsschranke führen. Der Zinsvortrag des vergangenen Wirtschaftsjahres soll mit dem Nettozinsertrag, darüber hinaus mit einem positiven EBITDA-Vortrag verrechenbar sein (Rz. 48).
Daneben äußert sich der Entwurf u.a. auch zur ebenfalls angepassten o.g. Konzernklausel, dem Eigenkapital-Escape sowie zur schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung (Möglichkeit der Escape-Klausel für ein zu einem Konzern gehörenden Rechtsträger nur bei Nachweis i. S. des § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG für sämtliche zum Konzern gehörende Rechtsträger).
Das neue Schreiben soll hinsichtlich der Anwendungsfragen zu § 4h EStG (entsprechend der gesetzlichen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 8b EStG und § 34 Abs. 4 Satz 2 KStG) erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein, die nach dem 14.12.2023 beginnen und nicht vor dem 1.1.2024 enden. Für vorangehende Wirtschaftsjahre soll weiterhin das bisherige Anwendungsschreiben vom 4.7.2008 anzuwenden sein. Entsprechendes soll für die Anwendung des § 8a KStG gelten, der in der am 31.12.2023 geltenden Fassung (Altjahre) nach § 34 Abs. 4 Satz 2 KStG weiter anzuwenden ist, soweit er auf § 4h EStG in der am 31.12.2023 geltenden Fassung Bezug nimmt.
Abzuwarten bleibt, ob das BMF noch Änderungen am Entwurf vornimmt. Die Verbände hatten bis zum bis zum 7.11.2024 die Möglichkeit zur Stellungnahme.