Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
2.3.1 OECD BEPS 2.0 – Pillar 1
Die erste Säule (Pillar 1) des OECD BEPS 2.0 Projekts zur Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung setzt sich aus zwei Teilregelungen zusammen: dem sog. Amount A und Amount B.
Amount A dient der Neuzuordnung von Besteuerungsrechten für einen Teil des Gewinns von besonders großen und hochprofitablen Unternehmen auf sog. Marktstaaten, also Jurisdiktionen, in denen Waren und Dienstleistungen konsumiert werden. Dem Anwendungsbereich von Amount A sollen Unternehmen unterliegen, deren globaler Umsatz größer als 20 Mrd. EUR und deren Profitabilität größer als 10 % ist.
Schwerpunkt der Gesamtregelung Amount A ist das sog. multilaterale Abkommen (Multilateral Convention, MLC), daneben finden sich begleitende Dokumente zu weiteren Details der Umsetzung, das sog. Explanatory Statement und das sog. Understanding on the Application of Certainty. Ziel dieser Regelungen ist es, bei der Neuzuordnung von Besteuerungsrechten Doppelbesteuerung zu vermeiden, Rechtssicherheit in diesem steuerlichen Bereich zu schaffen und Streitbeilegungsprozesse aufzuzeigen sowie die Einführung jeglicher Arten von nationalen Digitalsteuern (unabhängig von ihrem Bezug zu von Amount A erfassten Unternehmen) zu verhindern.
Amount B verfolgt hingegen ganz generell eine vereinfachte und gezieltere Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Basistätigkeiten im Bereich Marketing und Vertrieb. Erfasst sein sollen demnach einfache Vertriebstätigkeiten ohne den Einsatz einzigartiger immaterieller Werte, deren Vergütung anhand einer sog. one-sided transfer pricing method (z.B. transaktionsbezogene Nettomargenmethode) bestimmt wird.
Die OECD hat den finalen Bericht zu Amount B am 19.2.2024 veröffentlicht. Dieser soll als Anhang zu Kapitel IV Teil der OECD-Verrechnungspreisleitlinien werden. Weitere Leitlinien zu Detailfragen der Regelungen folgten im Verlauf des Jahres 2024. Die konkrete Umsetzung von Amount B ist jedoch auch von der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des Multilateralen Abkommens (MLC) zur Implementierung von Amount A abhängig. Das ursprünglich für Sommer 2024 avisierte Signing des MLC steht allerdings noch aus.
2.3.2 Mindeststeueranpassungsgesetz
Mit einem (zweiten) Diskussionsentwurf des Mindeststeueranpassungsgesetzes (MinStGAnpG) unterbreitete das BMF am 5.12.2024 einen Vorschlag für erste Anpassungen des aus der EU-Richtlinie zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung hervorgegangenen Mindeststeuergesetzes (s. Kapitel Rückblick Tz. 2.6.7). Der Schwerpunkt des MinStGAnpG liegt auf der Umsetzung von OECD-Verwaltungsleitlinien (sog. Agreed Administrative Guidance, AAG) zur konkreten Anwendung der zweiten Säule des OECD BEPS 2.0 Projekts.
Konkreter Inhalt des MinStGAnpG in der Fassung des Diskussionsentwurfs ist vor allem die Anwendung des sog. CbCR-Safe-Harbours. Neben Anpassungen bei der Nachversteuerung latenter Steuern sowie Regelungen zur Behandlung transparenter Einheiten in sog. transparenten Strukturen soll u.a. auch der geplanten EU-Richtlinie (DAC9) zum zwischenstaatlichen Informationsaustausch der Mindeststeuer-Berichte (GloBE Information Return) zwischen den EU-Mitgliedstaaten durch entsprechende nationale Umsetzungsvorschriften vorgegriffen werden.
Anpassungen des Mindeststeuergesetzes können auch in anderen Steuergesetzen vorgenommen werden. So sieht das Jahressteuergesetz 2024 v. 2.12.2024 (BGBl 2024 I Nr. 387) eine Erweiterung der Regelung zur sog. Mindeststeuergruppe vor. Neben den Mindeststeuer-Anpassungen sieht der Diskussionsentwurf auch einige Begleitmaßnahmen vor, wie etwa die Abschaffung der Lizenzschranke (§ 4j EStG), des Sonderbetriebsausgabenabzugsverbots nach § 4i EStG und der Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 AStG) sowie eine Anhebung der relativen und absoluten Freigrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 AStG).
2.3.3 Änderungen beim MLI
Mit der Verkündung des BEPS-MLI-Anwendungsgesetzes (BGBl 2024 I, Nr. 205) hat Deutschland das nationale Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung des sog. Multilateralen Instruments (MLI), welches die gleichzeitige Umsetzung der BEPS-Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung in neun deutschen DBA sicherstellen soll, abgeschlossen. Die Notifikation bei der OECD erfolgte am 2.10.2024 und enthält Vorgaben zu den sieben DBA mit Frankreich, Griechenland, Kroatien, Malta, der Slowakei, Spanien und Ungarn.
Das Datum des Eingangs der Notifikation bei der OECD regelt die konkreten Anwendungszeitpunkte des MLI. Da die Notifikation nach dem 1.6.2024 erfolgte, findet das MLI bei den im BEPS-MLI-AnwG benannten Vertragsstaaten für im Abzugsweg erhobene Steuern zum 1.1.2025 Anwendung. Für die (anderen) nach Veranlagungszeiträumen erhobenen Steuern ist auf den Besteuerungszeitraum abzustellen, der sechs Monate nach dem Inkrafttreten des MLI für den letzten beteiligten Staat beginnt. Damit wäre das MLI grundsätzlich zum 1.1.2026 wirksam, sofern nicht zu einzelnen der DBA eine Fristverkürzung notifiziert wird, was Deutschland für die o.g. sieben DBA getan hat. Da sich die vorgenannt...