Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Bezieht ein Unternehmer eine Eingangsleistung, um sie unentgeltlich an einen Dritten abzugeben, ist der Vorsteuerabzug grundsätzlich ausgeschlossen. Das galt bisher regelmäßig auch in Fällen, in denen der Unternehmer die unentgeltliche Zuwendung tätigte, um zum Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsumsätze zu ermöglichen. In Reaktion auf das EuGH-Urteil v. 16.9.2020 (C-528/19, Rs. Mitteldeutsche Hartstein-Industrie) schränkte der BFH seine bisherige Rechtsprechung ein (BFH, Urteil v. 16.12.2020, XI R 26/20 (XI R 28/17), BStBl 2024 II S. 146). Diese geänderte BFH-Rechtsprechung arbeitete nun auch das BMF in seinen UStAE ein (BMF, Schreiben v. 24.1.2024, BStBl 2024 I S. 213).
Laut BMF bleibt der Vorsteuerabzug auf eine Eingangsleistung, die an einen Dritten unentgeltlich abgegeben wird, erhalten, wenn
- die Eingangsleistung zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit ermöglicht,
- die Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich bzw. unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen, und
- der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist.
Hinzukommen muss zudem die allgemeine Voraussetzung bei mittelbarer Veranlassung, dass die Kosten der Eingangsleistung Bestandteil des Preises der von dem Unternehmer erbrachten Leistungen sind. Das BMF sieht dabei den Bezug einer Leistung insbesondere dann als erforderlich bzw. unerlässlich an, wenn der Unternehmer seine wirtschaftliche Tätigkeit ohne Ausführung dieses Leistungsbezugs nicht ausüben oder fortführen könnte.
Laut BFH ist § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG, der eine unentgeltliche Wertabgabe besteuert, unionsrechtskonform einschränkend auszulegen. Eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe erfolgt danach nicht, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht. Dies sei der Fall, wenn die Eingangsleistung vor allem für die Bedürfnisse des Unternehmers genutzt wird, sie für das Unternehmen erforderlich ist und nicht darüber hinausgeht und der Vorteil des Dritten, der die unentgeltliche Zuwendung erhält, allenfalls nebensächlich ist. Hinzukommen muss wiederum die allgemeine Voraussetzung einer mittelbaren Veranlassung, dass die Kosten der Eingangsleistung kalkulatorisch im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind (vgl. Abschn. 3.2 Abs. 4 UStAE n.F.).
Die Grundsätze des BMF-Schreibens v. 24.1.2024 sind in allen offenen Fällen anwendbar. Die Regelungen des BMF-Schreibens v. 7.6.2012 (umsatzsteuerliche Behandlung von Erschließungsmaßnahmen) sind weiter anzuwenden, sofern keine abweichenden Regelungen darüber im neuen Schreiben getroffen werden. Dennoch bleibt fraglich, ob es die Voraussetzungen der Ausnahme für den Vorsteuerabzug zu restriktiv umsetzt. Denn möglicherweise sind die Umstände des Einzelfalls, über den EuGH und BFH entschieden haben, nicht die einzigen, die den Erhalt des Vorsteuerabzugs ermöglichen.