Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Mit Beschluss v. 23.8.2023 (XI R 10/20, BStBl 2024 II S. 302) legt der BFH dem EuGH grundsätzliche Fragen zur Vorabentscheidung der umsatzsteuerlichen Behandlung von In-App-Käufen vor. Konkret geht es im Verfahren um eine in Deutschland ansässige Steuerpflichtige, die Spiele-Apps für mobile Endgeräte entwickelt und vertreibt. Die dem EuGH vorgelegte Kernfrage ist, wer in der Konstellation Entwickler, App-Store (Irland) und Endnutzer welche Leistung an wen erbringt. Einerseits ist eine direkte Leistung zwischen dem Entwickler und dem Endnutzer und eine Leistung zwischen dem App-Store und dem Entwickler denkbar. Andererseits könnte auch eine Dienstleistungskommission vorliegen, bei der vom Entwickler an den App-Store und vom App-Store an den Endnutzer geleistet würde. Der vorliegende Fall beschränkt sich auf Veranlagungszeiträume vor Einführung des Art. 9a MwStDVO, also vor 2015. Für die Zeit ab 2015 herrscht für diesen Sachverhalt mehr Rechtssicherheit. Gemäß der unmittelbar geltenden MwStDVO besteht die Rechtsfolge in einer Dienstleistungskommission.
In einer zweiten Frage ersucht der BFH den EuGH um die konkret anwendbaren Ortsregelungen. Gemäß § 3 Abs. 11 UStG, welcher auf Art. 28 MwStSystRL basiert, liegen zwei gleichartige Dienstleistungen vor, welche nacheinander erbracht werden. Für diesen Fall ergäben sich laut BFH drei Möglichkeiten zur Ortsermittlung. Zum einen wäre es denkbar, dass die Fiktion des Art. 28 MwStSystRL sich auf die gesamte Leistung erstreckt und somit die gesamte Leistung so behandelt werden würde, als wenn die Entwicklerin die Leistung unmittelbar an den Endkunden erbringen würde. Folglich würde sich als Ort der Dienstleistung Deutschland ergeben. Zu demselben Ergebnis würde die Sichtweise kommen, dass zumindest der Ort der Dienstleistung, zu der der Kommissionär hinzutritt, auch den Ort der Dienstleistung zwischen Kommittenten und Kommissionär bestimmt. Nach Art. 45 MwStSystRL läge auch bei dieser Sichtweise der Ort der fiktiven Leistung der Klägerin in Deutschland. Wäre der Ort der Dienstleistung jedoch getrennt nach Art. 44 und Art. 45 MwStSystRL zu bestimmen, so läge der Ort der Leistung in Irland.
Mit der dritten Vorlagefrage will der BFH wissen, wie mit einer fälschlicherweise in Deutschland in Rechnung gestellten Umsatzsteuer in diesem Szenario umzugehen wäre.