Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
3.8.1 Gesellschafterbezogene Betrachtung für fiktive Gewinnzurechnung
§ 15a Abs. 3 EStG regelt eine fiktive Gewinnhinzurechnung für den Kommanditisten bei einer Einlageminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG) oder einer Haftungsminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG) und soll damit mögliche Umgehungen der aus § 15a Abs. 1 EStG resultierenden Begrenzung des Verlustausgleichs verhindern, indem durch kurzfristige Einlagen oder Eintragung von Haftsummen in beliebiger Höhe Verlustverrechnungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Laut BFH ist eine fiktive Gewinnzurechnung gemäß § 15a Abs. 3 EStG aufgrund der gesellschafterbezogenen Auslegung nur demjenigen Kommanditisten zuzurechnen, der die für die Einlageminderung erforderliche Entnahme tätigt oder für den die im Handelsregister eingetragene Haftsumme gemindert wird. Dies gelte auch dann, wenn der Kommanditanteil unterjährig auf einen Rechtsnachfolger übertragen wird (BFH, Urteil v. 20.6.2024, IV R 17/21, BFH/NV 2024 S. 1376).
Der BFH verneinte eine Zurechnung eines fiktiven Gewinns bei der Rechtsnachfolgerin nach § 15a Abs. 3 EStG, da für diese weder der Tatbestand der Einlageminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG) noch der Tatbestand der Haftungsminderung (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG) verwirklicht wurde. Eine Einlageminderung schloss der BFH aus, da die Rechtsnachfolgerin selbst keine Entnahme getätigt hat, welche zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führte. Die Vorschrift des § 15a Abs. 3 EStG sei gesellschafterbezogen, aber nicht beteiligungsbezogen auszulegen. Diese gesellschafterbezogene Betrachtung gelte auch dann, wenn die Entnahme unterjährig erfolgt und der Rechtsvorgänger vor dem nächsten Bilanzstichtag seinen Kommanditanteil unentgeltlich auf den Rechtsnachfolger überträgt.
Eine Haftungsminderung seitens der Rechtsnachfolgerin (§ 15a Abs. 3 Satz 3 EStG) verneint der BFH ebenfalls aufgrund der gesellschafterbezogenen Auslegung der Regelung. Da im Streitjahr (2003) die Eintragung der Rechtsnachfolgerin im Handelsregister fehlte, konnte deren Haftsumme zu diesem Zeitpunkt nicht gemindert werden. Eine Hinzurechnung eines fiktiven Gewinns sei somit ausgeschlossen.
3.8.2 Einlagen und Mehrentnahmen in Vorjahren
Laut BFH sind bei der Ermittlung der Höhe des verrechenbaren Verlustes des Kommanditisten dessen im Verlustentstehungsjahr erbrachte Einlagen unabhängig davon zu berücksichtigen, ob die Mittel dazu bei wirtschaftlicher Betrachtung aus Entnahmen aus Vorjahren stammen. Bei der Ermittlung der Höhe des Kapitalkontos und somit auch des verrechenbaren Verlustes komme es nur auf die Kapitalkontenentwicklung des Wirtschaftsjahres der Verlustentstehung an ("Prinzip des stichtagsbezogenen Kapitalkontenvergleichs", BFH-Urteil v. 10.10.2024, IV R 10/22).
Mit dem Urteil widersprach der BFH der Finanzverwaltung, die die Einlage eines Kommanditisten einer GmbH & Co. KG wegen der im Vorjahr erfolgten Mehrentnahmen (Entnahmen überstiegen die Einlagen) als eine Rückführung von Mehrentnahmen wertete und den verrechenbaren Verlust des Kommanditisten entsprechend erhöhte. Das BMF war diesem Verfahren auch beigetreten.