Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
4.1 Unterjähriger Beteiligungserwerb von mehreren Veräußerern
Nach § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG gilt der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt. Damit wird die Anwendung der Beteiligungsertragsbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG auch für Fälle eröffnet, in denen die Mindestbeteiligung i.H.v. 10 % zu Beginn des Kalenderjahres nicht vorliegt (§ 8b Abs. 4 Satz 1 KStG). Dies kann laut BFH durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind und nur in der Addition der jeweiligen Beteiligungen die Mindestbeteiligung i.H.v. 10 % erreicht wird (BFH, Urteil v. 6.9.2023, I R 16/21, BStBl 2024 II S. 778).
Im konkreten Fall hatte der Erwerber die Beteiligung aufgrund eines einheitlichen Entschlusses und durch ein einheitliches schuldrechtliches Rechtsgeschäft erworben. Nach den für den BFH bindenden Tatsachenfeststellungen des FG beruhte der Erwerb auf einer einheitlichen notariellen Urkunde sowie auf einem einheitlichen Erwerbsentschluss und erfolgte zu einem einheitlichen Erwerbszeitpunkt, so dass der BFH einen wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang bejahte.
4.2 Verrechenbare Verluste gemäß § 15a EStG
Laut BFH ist die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG auf verrechenbare Verluste gem. § 15a EStG, die einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin einer KG zugerechnet werden, nicht anwendbar (BFH, Urteil v. 24.4.2024, IV R 27/21, BFH/NV 2024 S. 1017). Bei den verrechenbaren Verlusten gem. § 15a EStG handelt es sich für den BFH weder um Verluste einer Körperschaft noch um nicht genutzte Verluste i.S. des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. Die verrechenbaren Verluste des Kommanditisten seien auf der Ebene der KG gebunden und stellen daher (bisher) nicht nutzbare Verluste der Mitunternehmerschaft dar.
Mit dem Urteil widerspricht der BFH der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 4.7.2008, BStBl 2008 I S. 736, Tz. 2). Mangels Entscheidungserheblichkeit konnte der BFH offenlassen, ob § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a.F. verfassungswidrig ist. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm ist beim BVerfG unter dem Az. 2 BvL 19/17 anhängig.
4.3 Steuerliches Einlagekonto in Umwandlungsfällen
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 v. 2.12.2024 (BGBl 2024 I Nr. 387) ergeben sich Änderungen in der Handhabung des steuerlichen Einlagekontos in Umwandlungsfällen. In die Norm des § 27 Abs. 2 Satz 3 KStG werden die Wörter "mit Ausnahme der Anwendungsfälle des § 29 KStG" aufgenommen, so dass künftig in den Fällen einer Neuentstehung der übernehmenden Körperschaft durch die Umwandlung keine Anfangsfeststellung des steuerlichen Einlagekontos erfolgt.
Durch die erfolgte Aufhebung des § 29 Abs. 6 Satz 2 KStG ist bei grenzüberschreitenden Umwandlungen das Verfahren zur gesonderten Feststellung des Bestands der nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen bei der übertragenden Körperschaft oder Personenvereinigung nicht mehr durchzuführen. Beide Änderungen greifen grundsätzlich ab dem VZ 2024.
Mit einem neuen Satz 3 wird § 27 Abs. 6 KStG um eine bisher fehlende gesetzliche Regelung zur Abbildung von organschaftlichen Mehr- oder Minderabführungen im steuerlichen Einlagekonto der zwischengeschalteten Gesellschaft in Fällen einer mittelbaren Organschaft ergänzt. Entsprechend dem zeitlichen Übergang auf die Einlagelösung greift diese Regelung für alle nach dem 31.12.2021 erfolgenden Mehr- und Minderabführungen (§ 34 Abs. 6e Satz 5 KStG).
4.4 (Keine) vGA bei irrtümlicher Zuwendung
Im Urteil v. 22.11.2023 (I R 9/20, BStBl 2024 II S. 523) äußert sich der BFH zum Vorliegen einer vGA im Falle einer irrtümlichen Zuwendung bzw. eines fehlenden Zuwendungswillens. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin einen durch eine Kapitalerhöhung neu gebildeten Geschäftsanteil an der Tochter-Gesellschaft ihrer Gesellschaft (GmbH) irrtümlicherweise übernommen, denn dieser stand eigentlich nicht der Gesellschafter-Geschäftsführerin, sondern ihrer Gesellschaft zu, die auch die Stammeinlage für den Geschäftsanteil verauslagt hatte. Im Anschluss übertrug die Gesellschafter-Geschäftsführerin den Geschäftsanteil an die GmbH weiter. Das Finanzamt sah in dem Vorgang zwei verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA): Zum einen in der in Folge des Verzichts der GmbH ermöglichten unentgeltlichen Teilhabe der Gesellschafter-Geschäftsführerin an der Kapitalerhöhung und zum anderen in der Verauslagung der Stammeinlage durch die GmbH. Anders der BFH, nach dessen Meinung subjektive Entschuldigungsgründe unabhängig vom verobjektivierenden Maßstab des ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsführers die "konkrete" Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis entfallen lassen können. Das folge schon daraus, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer eine idealtypische Denkfigur ist, die per Definition sich gar nicht im Irrtum befinden ka...