Leitsatz
Wer einem anderen eine Option einräumt und dafür eine Prämie zur Entschädigung für die Bindung und die Risiken erhält, die er durch das Begeben des Optionsrechts eingeht, muss dieses Entgelt nach § 22 Nr. 3 EStG versteuern (Bestätigung des BFH-Urteils vom 29.6.2004, IX R 26/03, BFH-PR 2004, 434, BStBl II 2004, 995, für die Rechtslage nach der Änderung des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999, BGBl I 1999, 402).
Normenkette
§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 22 Nr. 3 EStG, § 2 WpHG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GbR, erzielt Einkünfte aus der Vermietung einer Industrieimmobilie. Daneben unternahm sie im Streitjahr (1999) – neben weiteren, hier nicht problematischen – folgende Optionsgeschäfte:
- Sie räumte der Kreissparkasse N eine Verkaufsoption auf japanische Yen (120 Mio. JPY) zu 875.912,41 € ein und erhielt hierfür als Stillhalterin eine Optionsprämie von 91.094,89 € (= 178.166,12 DM). Das Geschäft wurde glattgestellt. Im Gegengeschäft erwarb die Klägerin von N eine Verkaufsoption zu denselben Bedingungen wie aus dem Optionsgeschäft und zahlte dafür eine Optionsprämie von 85.839,42 € (= 167.887,31 DM). Das FA erfasste die Optionsprämien als Einnahmen und die im Gegengeschäft gezahlten Prämien als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG.
- Ein weiteres Optionsgeschäft auf den Yen zu den gleichen Konditionen, für das die Klägerin eine Prämie von 97.664,23 € (= 191.014,63 DM) kassierte, wurde nicht glattgestellt. Vielmehr übte N die Option aus und erwarb von der Klägerin die 120 Mio. JPY für 875.912,41 €. Vorab hatte die Klägerin 120 Mio. JPY für 991.162,14 € erworben. Das FA erfasste die erhaltene Optionsprämie als Einnahme bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG und den Verlust aus dem An- und Verkauf der japanischen Yen – Basisgeschäft – i.H.v. 225.408,87 DM als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.
Entscheidung
Auch nach Auffassung des BFH sind die vereinnahmten Prämien der Klägerin aus der Einräumung von Optionen als Stillhalterin zu Recht als Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG erfasst worden. Sie seien mit den im Gegengeschäft gezahlten Prämien zu verrechnen, nicht aber mit den nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG steuerbaren Verlusten aus den Optionsgeschäften (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG). Verfassungsrechtliche Bedenken seien insoweit nicht gegeben (vgl. BFH, Urteil vom 18.10.2006, IX R 28/05, BFH-PR 2007, 92).
Hinweis
1. Einkünfte aus Leistungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch Entgelte, die ein Stillhalter als Entschädigung für die Bindung und die Risiken durch das Begeben des Optionsrechts – unabhängig vom Zustandekommen des Basisgeschäfts (hier das Währungsgeschäft auf den japanischen Yen) – allein für das Stillhalten erhält (vgl. BFH, Urteil v. 29.6.2004, IX R 26/03, BFH-PR 2004, 434). Dabei sind Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft getrennt zu betrachten (vgl. BFH, Urteil vom 24.6.2003, IX R 2/02, BFH-PR 2003, 410). Folglich bilden das die Prämie auslösende Begeben einer Option und das nachfolgende Geschäft (z.B. Glattstellung oder Basisgeschäft) kein einheitliches Termingeschäft. Vielmehr ist die Prämie Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Leistung; sie besteht in der vertraglich eingegangenen Bindung und dem damit verbundenen Risiko einer Inanspruchnahme. Sie darf selbst dann behalten werden, wenn es nicht zu einer Inanspruchnahme aus der Option kommt und ein Basisgeschäft nicht durchgeführt werden muss.
2. Dies gilt auch für die Rechtslage nach Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG: Die Stillhalterprämie ist nicht zusammen mit den anderen Devisengeschäften einheitlich § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zuzuordnen. Denn diese Vorschrift betrifft schon nach ihrem Wortlaut nach lediglich Optionen, die der Berechtigte erwirbt, nicht aber solche, die er einräumt, indem sie für den zu erfassenden Differenzausgleich auf den "Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich etc." abstellt.
Dem entspricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm. So hat der Gesetzgeber den Begriff des Differenzgeschäfts durch den Begriff des Termingeschäfts ersetzt (vgl. BTDrucks. 14/443, S. 28 zu Nummer 31) und sich damit an den Regelungen in § 2 WpHG orientiert. Zu den Termingeschäften in diesem Sinn zählt auch das Optionsgeschäft; nach § 2 Abs. 2a WpHG sind Finanztermingeschäfte Derivate i.S.d. § 2 Abs. 2 WpHG und Optionsscheine. Als Derivate bestimmt das Gesetz auch als Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von bestimmten Basiswerten abhängt (im Streitfall von der Währung Yen).
Das WpHG unterscheidet Wertpapiere (z.B. verbriefte Rechte, Zertifikate, die Aktien ersetzen, Genussscheine und Optionsscheine, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG) von Derivaten und behandelt in § 2 Abs. 2a WpHG alle Optionen (also ...