OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 18.1.2017, Kurzinformation ESt Nr. 09/2017

Mit Urteil FG Köln vom 31.10.2012, 12 K 1136/11 wurde entschieden, dass die Spielgewinne eines Pokerspielers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG zu qualifizieren sein können. Im anschließenden Revisionsverfahren hat der BFH die Rechtsauffassung des FG bestätigt und die Revision mit BFH-Urteil vom 16.9.2015, X R 43/12 (BStBl 2016 II S. 48) als unbegründet zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil wurde eine derzeit noch anhängige Verfassungsbeschwerde eingelegt (2 BvR 2387/15).

 

I. Hintergrund

Einnahmen aus Glücksspielen unterliegen grds. nicht der Einkommensteuer. Dieser Grundsatz wurde seit dem Urteil des RG vom 11.6.1906, 1443/05 (JW 1906 S. 789) auch auf Pokergewinne aus der Variante „Five Draw” angewendet.

In seinem o.g. Urteil hat das FG Köln diese Beurteilung weiter differenziert und festgestellt, dass in den heute populären Pokervarianten „Texas Holdem” und „Limited Omaha” neben der Glückskomponente auch Geschicklichkeitselemente für den Spielausgang entscheidend seien. Verfüge der Pokerspieler über ausreichende mathematische, strategische und psychologische Kenntnisse, könne er den Glücksfaktor weitgehend relativieren und den Spielausgang durch seine Geschicklichkeit beeinflussen. Bei einem „professionellen” Betreiben des Pokerspiels tritt der Glückspielecharakter infolgedessen zurück und es liegt u.U. eine steuerbare Tätigkeit vor.

Nach Ansicht des BFH kann dabei nicht abstrakt anhand eines Durchschnittsspielers beurteilt werden, ob die steuerlichen Voraussetzungen eines gewerblichen Unternehmens i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG vorliegen. Zu prüfen sind die Gesamtumstände des Einzelfalls – also die jew. vorliegenden, individuellen Gegebenheiten in der Person des Steuerpflichtigen.

 

II. Beurteilung nach den Gesamtumständen des Einzelfalls

Bei der Abgrenzung, ob ein Pokerspieler steuerpflichtige Gewinne (oder Verluste) i.S. des § 15 EStG erzielt, ist zu prüfen, ob vergleichbare Kriterien, die der BFH für entscheidungserheblich gehalten hat, auf den jeweiligen Einzelfall zutreffen. Im Wesentlichen kann anhand der nachfolgenden Punkte geprüft werden, ob lediglich eine hobbymäßige Freizeitgestaltung oder eine darüber hinausgehende „professionelle” Tätigkeit als Pokerspieler mit steuerbaren Einkünften vorliegt.

 

1. Nachhaltigkeit/Wiederholungsabsicht

Gewichtiges Indiz für eine nachhaltige Tätigkeit ist die regelmäßige Teilnahme an Turnieren, vor allem bei renommierten nationalen oder internationalen Turnieren oder an online/ins TV übertragenen Spielen, die Werbecharakter haben. Eine bestimmte Anzahl an in einem bestimmten Zeitraum gespielten Turnieren ist dafür nicht ausschlaggebend. Ausreichend kann z.B. bereits die Teilnahme an wenigen herausgehobenen Turnieren sein. Dabei ist es je nach Fallkonstellation auch ausreichend, wenn es sich lediglich um Online-Turniere handelt. Zwar fehlt es hier an einer physischen Anwesenheit, jedoch sind die übrigen Rahmenbedingungen grds. vergleichbar.

 

2. Persönliche Fertigkeiten

Der Pokerspieler muss aufgrund von mathematischen, strategischen und psychologischen Fähigkeiten den Spielausgang positiv beeinflussen können, sodass die Glücksspielelemente gegenüber den Geschicklichkeitselementen in den Hintergrund treten. Neben konstanten Spielerfolgen können auch ein hoher Bekanntheitsgrad, die Selbstdarstellung in den Medien und ggf. die Selbstvermarktung Anhaltspunkte hierfür bieten.

 

3. Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr

Treten die persönlichen Fertigkeiten des Spieler in den Vordergrund, besteht bei den Preisgeldern/Spielgewinnen eine ausreichende Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung, sodass das Tatbestandsmerkmal einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt ist. Unbeachtlich ist dabei, dass sich der „Markt”, auf dem die Leistung angeboten wird, auf einen begrenzten Kreis, z.B. die Spielteilnehmer oder den Turnier-Veranstalter, beschränkt, und der Spieler die Gegenleistung nur erfolgsabhängig erhalten kann.

 

4. Gewinnerzielungsabsicht

Bei der Gewinnerzielungsabsicht handelt es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das allerdings objektivierend nach den äußeren Umständen beurteilt werden kann. Sofern regelmäßig Pokergewinne erzielt werden, kann aus diesen objektiv feststellbaren Umständen auf das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden.

Es ist dabei nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige mit den Einkünften als Pokerspieler seinen Lebensunterhalt bestreitet. Wie bei jeder anderen gewerblichen Tätigkeit ist auch die neben- oder nachberufliche Ausübung möglich.

Macht ein Spieler hingegen Verluste aus dem Pokerspiel geltend, trägt er die Feststellungslast dafür, dass er aufgrund von objektiven Kriterien ernsthaft damit rechnen konnte, einen Totalgewinn zu erzielen. Hier sind die üblichen Prüfungsmaßstäbe analog denen in Liebhaberei-Fällen anzulegen, sodass Verluste vorläufig berücksichtigt werden könne...

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