Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Nach § 4 Nr. 26 UStG ist die die ehrenamtliche Tätigkeit steuerfrei, wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Der BFH hatte zur Frage der ehrenamtlichen Tätigkeit des Vorstands eines Sparkassenverbands entschieden, dass ehrenamtlich u. a. jene Tätigkeiten ausgeübt werden, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Dabei ist der zur Definition der ehrenamtlichen Tätigkeit verwendete Gesetzesbegriff enger als der des § 4 AO und umfasst keine Satzungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts.
Der BFH hatte schon 2009 festgestellt, dass die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank nicht ehrenamtlich nach § 4 Nr. 26 UStG ausgeführt wird.
Die Finanzverwaltung passt jetzt den UStAE an und übernimmt im Ergebnis die Einschränkungen bezüglich der Steuerbefreiung für die ehrenamtlichen Tätigkeiten. Die Annahme der Ehrenamtlichkeit kraft gesetzlicher Regelung erfordert die Benennung in einem materiellen oder formellen Gesetz. Eine Ehrenamtlichkeit kraft gesetzlicher Regelung ist nicht anzunehmen, wenn es sich um eine Bestimmung in einer im Bereich der Selbstverwaltung erlassenen Satzung handelt.
Wenn sich die Bezeichnung ehrenamtlich weder aus einem Gesetz noch aus dem Sprachgebrauch ermitteln lässt, bedarf es einer Bestimmung des materiellen Begriffsinhalts. Die Finanzverwaltung nimmt hier die folgenden Abgrenzungen vor:
- Im öffentlich-rechtlichen Bereich ist unter ehrenamtlicher Tätigkeit die unentgeltliche Mitwirkung natürlicher Personen bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu verstehen, die aufgrund behördlicher Bestellung außerhalb eines haupt- oder nebenamtlichen Dienstverhältnisses stattfindet und für die lediglich eine Entschädigung besonderer Art gezahlt wird.
- Wenn eine Tätigkeit für den hoheitlichen Bereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem anderen Gesetz oder im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich bezeichnet wird, kann grundsätzlich vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen ausgegangen werden, es sei denn, die Anwendung des Begriffs der Ehrenamtlichkeit auf die Tätigkeit ist mit der gebotenen engen Auslegung des Begriffs der Ehrenamtlichkeit ausnahmsweise nicht mehr vereinbar, insbesondere wenn sie in einem Umfang ausgeführt wird, bei dem die Annahme einer beruflichen Ausübung nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
- Für den nicht-öffentlichen Bereich kommt es nach dem materiellen Begriffsinhalt der Ehrenamtlichkeit auf das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung an.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung schränkt die Anwendung der Steuerbefreiungsmöglichkeiten bei der ehrenamtlichen Tätigkeit entsprechend den Vorgaben des BFH ein. Dabei muss der Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit nach dem Unionsrecht ausgelegt werden. Der – regelmäßig weiter gefasste – nationale Sprachgebrauch ist für die Feststellung der ehrenamtlichen Tätigkeit nach § 4 Nr. 26 UStG nicht bindend.
Die Grundsätze der Verwaltungsanweisung sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Dies gilt aber nicht, soweit sich aus anderen Gründen ein Vertrauenstatbestand ergibt.
Dabei ist zu beachten, dass der BFH in seiner Entscheidung vom 17.12.2015 selbst einen Vertrauenstatbestand für die Vergangenheit geschaffen hatte. Bis zur Rechtsprechungsänderung durch das Urteil von 2009 zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Aufsichtsratstätigkeit für Volksbanken kommt für die Unternehmer Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO in Betracht.
Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung noch eine Übergangsregelung getroffen: Für bis zum 31.12.2018 für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeführte Umsätze wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn sich der ehrenamtlich Tätige zur Begründung der Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze auf die Benennung der Ehrenamtlichkeit in einer, auch im Rahmen der Satzungsautonomie erstellten, öffentlich-rechtlichen Satzung beruft, es sei denn, die Anwendung des Begriffs der Ehrenamtlichkeit auf seine Tätigkeit ist mit der gebotenen engen Auslegung des Begriffs der Ehrenamtlichkeit ausnahmsweise nicht mehr vereinbar, insbesondere wenn sie in einem Umfang ausgeführt wird, bei dem die Annahme einer beruflichen Ausübung nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 8.6.2017, III C 3 – S 7185/09/10001-06, BStBl 2017 I S. 858.