Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Nach § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG sind u. a. Leistungen steuerfrei, die die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung an die Versicherten erbringen. Zu der Frage, wie weit die Steuerbefreiung reicht, hatte der BFH entschieden, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung im Rahmen der von ihr betriebenen Rehabilitationskliniken ohne medizinische Notwendigkeit Begleitpersonen von Patienten gegen privatrechtlich vereinbartes gesondertes Entgelt unterbringt und verpflegt, insoweit unternehmerisch tätig ist und steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausführt. Dies gilt entsprechend, soweit sie an ihre Mitarbeitenden entgeltliche Verpflegungsleistungen erbringt.
Hinweis
Voraussetzung ist, dass die Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich sind oder dazu bestimmt sind, den Rehabilitationskliniken zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.
Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BFH und das Unionsrecht nimmt die Finanzverwaltung jetzt einen neuen Abschn. 4.15.1 UStAE auf, in dem klargestellt wird, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 15 UStG nur für Leistungen der aufgeführten Unternehmer untereinander oder gegenüber den Versicherten anzuwenden ist, wenn es sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handelt.
Es kommt dabei nicht darauf an, dass diese Leistungen aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung bewirkt werden.
Weiterhin wird – ebenfalls unter Verweis auf die Rechtsprechung des BFH – betont, dass die Steuerbefreiung nicht für Leistungen gilt, die außerhalb eines bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses erbracht werden, sowie für Tätigkeiten, die für die Einrichtung nicht unerlässlich sind oder dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung nimmt nach 8 Jahren ein Urteil des BFH zu den Leistungen der Sozialversicherungsträger auf. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung sind Steuerbefreiungsnormen stets eng auszulegen. Danach ist es folgerichtig, dass Verpflegungsleistungen und andere Dienstleistungen, die an Begleitpersonen und Mitarbeitende ausgeführt werden, nicht unter die Befreiung fallen können, wenn diese nicht für die begünstigten Leistungen unerlässlich sind.
Praxistipp
Soweit es sich um steuerpflichtige Verpflegungsleistungen handelt, die in der Zeit vom 1.7.2020 – (voraussichtlich) 31.12.2023 ausgeführt werden, gilt auch hier der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist aber auf die Abgabe von Speisen beschränkt und gilt nicht für die Abgabe von Getränken.
Die Anweisungen der Finanzverwaltung gelten in allen offenen Fällen.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 24.3.2023, III C 3 – S 7171/19/10002 :001, BStBl 2023 I S. 627.