Leitsatz
Das Halten eines Kraftfahrzeugs als Fahrzeug zur Krankenbeförderung ist nach § 3 Nr. 5 KraftStG von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, wenn es ausschließlich zur Beförderung von kranken oder behinderten Menschen in einem Patientenfahrdienst eingesetzt wird und entsprechend äußerlich gekennzeichnet ist. Diese Verwendung erfüllt das Tatbestandsmerkmal der Krankenbeförderung nach der Begünstigung des § 3 Nr. 5 KraftStG. Insbesondere geht der Begriff der Krankenbeförderung im Sinn dieser Vorschrift über die Verwendung für einen dringenden Soforteinsatz hinaus.
Sachverhalt
Bei dem in Rede stehenden Fahrzeug, für dessen Halten eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG begehrt wird, handelt es sich um ein in besonderer Weise eingerichtetes und mit einer Notfalltasche ausgerüstetes Sonder-Kfz Sanitätsfahrzeug Patiententransport. Diese Einstufung ist von der Zulassungsbehörde in der Zulassungsbescheinigung Teil II (§ 12 FZV) dokumentiert. Das Fahrzeug dient ausschließlich der Beförderung von kranken und behinderten Menschen und wird auch ausschließlich hierzu verwendet. Der Zweck der Kranken- und Behindertenbeförderung ist auch nach außen dergestalt erkennbar, dass auf allen Seiten des Fahrzeugs der Schriftzug P mit dem entsprechenden Symbol sowie auf der Rückseite des Fahrzeugs auf der rechten Tür ein Aufkleber mit Rollstuhlsymbol zu sehen ist. Das zuständige Hauptzollamt lehnt die Gewährung der Begünstigung nach § 3 Nr. 5 KraftStG mit der Begründung ab, dass das Fahrzeug nicht ausschließlich zu den dort begünstigten Zwecken eingesetzt werde. Begünstigter Zweck sei zwar der Transport behinderter Menschen, nicht jedoch der Transport kranker Menschen außerhalb von dringenden Soforteinsätzen. Bei den Krankenfahrten handele es sich hierbei mithin nicht um qualifizierte Krankentransporte, sondern um Fahrten i. S. d. § 7 Krankentransport-Richtlinie, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen durchgeführt würden. Zu solchen Mietwagen zählten z. B. auch Wagen mit behindertengerechter Einrichtung zur Beförderung von Rollstuhlfahrern. Bei solchen Fahrten findet, anders als bei qualifizierten Krankentransporten keine medizinisch-fachliche Betreuung statt. Auch seien die Fahrten zur Beförderung von Personen mit einer krankheitsbedingten und zeitlich begrenzten Gehbehinderung nicht mit der Beförderung Behinderter gleichzusetzen. Die Ausdehnung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung auf das Halten von Fahrzeugen, die für Krankentransporte verwendet werden, stellt aus Sicht der Zollverwaltung eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Ausdehnung der Begünstigungsvorschrift des § 3 Nr. 5 KraftStG dar.
Entscheidung
Im vorliegenden Falle hatte der Senat zu entscheiden, ob auch der Krankentransport - neben dem Transport behinderter Menschen - die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 KraftStG erfüllt und damit eine ausschließliche Verwendung zu begünstigten Zwecken vorliegt. Entscheidend ist hierbei, ob eine Krankenbeförderung i. S. d. § 3 Nr. 5 KraftStG nur bei Verwendung für dringende Soforteinsätze gegeben ist oder ob auch sog. Patientenfahrdienste von Trägern der Wohlfahrtspflege in den Genuss der Begünstigung nach § 3 Nr. 5 KraftStG kommen können. Unter umfangreichen Studien der Gesetzesmaterialien und der bisher zur Vorschrift des § 3 Nr. 5 KraftStG ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und verschiedener Instanzgerichte ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen dass für die Begünstigung einer Krankenbeförderung - im Gegensatz zum Rettungsdienst - der Transport von Personen, die sich in einer akuten Notlage befinden und durch eine besondere Eilbedürftigkeit gekennzeichnet ist, nicht als zwingende Voraussetzung angenommen werden kann. Mithin ist im vorliegenden Falle die begehrte Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für das Halten des sowohl zur Beförderung von behinderten Menschen, als auch zu Krankentransporten verwendete Fahrzeug zu gewähren. Eine gegen diese Entscheidung eingelegte Revision hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 28.11.2018 (Az.: III R 29/18) als unzulässig verworfen.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung erweitert das FG Nürnberg den Kreis der unter die Begünstigungsvorschrift des § 3 Nr. 5 KraftStG fallenden Fahrzeuge bzw. Fahrzeugverwendungen. Diese, mit Verwaltungsauffassung und Literatur nicht in Einklang stehende Sichtweise begründet der Senat auch mit der Sicht auf die historische Entwicklung im Krankentransport- und Rettungswesen. Bei Schaffung der Norm bestand die Trennung zwischen Krankentransport- und Rettungswagen in der heutigen Form noch nicht, so dass im Ergebnis auch im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuerbegünstigung eine solche Trennung nicht geboten war. Mit dieser Entscheidung hat die Rechtsprechung einmal mehr deutlich gemacht, dass die Begrifflichkeiten des Kraftfahrzeugsteuergesetz stets auch im Lichte der technischen Fortentwicklung von Fahrzeugbau- und Verwendung zu betrachten sind.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 30.11.2017, ...