Sachverhalt
Das polnische Vorabentscheidungsersuchen betraf Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Regulierung von Schäden aus Versicherungsfällen, die von einem Versicherungsunternehmen auf einen Dritten ausgelagert und von diesem an das Versicherungsunternehmen erbracht werden (Outsourcing).
Die Klägerin, die selbst weder Versicherer noch Versicherungsvermittler ist, erbrachte (teils mit Hilfe von Subunternehmern) alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Regulierung von Schäden aus Versicherungsfällen im Namen und für Rechnung des Versicherers (z. B. Annahme von Schadensmeldungen, Aufnahme der Schäden in das Computersystem und Aktualisierung der Daten im Laufe der Schadensregulierung, Ermittlung der Ursachen und Umstände von Versicherungsfällen einschließlich der Überprüfung des Gegenstands und der Inaugenscheinnahme des Ortes des Schadens, Erstellung der erforderlichen Dokumentation und Vornahme der notwendigen Schritte, um die Verantwortlichkeit, die Schadenshöhe und den Umfang des Schadensersatzes festzustellen, Führung der Korrespondenz mit den Kunden, insbesondere Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten gegenüber den Geschädigten oder Versicherten, und mit anderen Stellen, die bei der Schadensregulierung beteiligt sind, Durchführung der sachbezogenen Schadensregulierung, Prüfung der gesammelten Unterlagen und Treffen von Sachentscheidungen, Vornahme von technischen und eventuellen zusätzlichen Beurteilungen im Fall von im Straßenverkehr entstandenen Schäden, Anfertigung von Lichtbildern zur Darstellung des Schadensumfangs, usw. bis hin zur Archivierung der Schadensdokumentation). Die Klägerin haftete jedoch nicht aus den Versicherungsverträgen gegenüber dem Versicherungsnehmer. Der Versicherer zahlte für die Leistungen der Klägerin eine Pauschalvergütung, deren Höhe sich nach der Art des zu regulierenden Schadens richtete.
Streitig war, ob Dienstleistungen, wie sie von der Klägerin für das Versicherungsunternehmen erbracht wurden, steuerfrei sein können. Die Klägerin war der Auffassung, alle ihre Tätigkeiten seien als Versicherungstätigkeit i. S. d. PL-VersStG anzusehen. Ihre Leistungen seien Bestandteil der Hauptleistung (d.h. der Versicherungsleistung), da sie für diese unentbehrlich seien. Ihre Leistungen bildeten ein gänzlich an die Tätigkeit des Versicherungsunternehmens gebundenes und dafür unentbehrliches eigenständiges Ganzes, das keinen Selbstzweck verfolge. Es handele sich um eine einzige komplexe Dienstleistung, die insgesamt steuerbefreit sein müsse. Die polnische Finanzbehörde war der Auffassung, dass nur die Durchführung der sachbezogenen Schadensregulierung einschließlich der Prüfung der einschlägigen Unterlagen und des Treffens der Entscheidung über die Schadensregulierung eine (steuerfreie) Versicherungstätigkeit darstelle.
Das vorlegende Gericht fragte den EuGH, ob Dienstleistungen wie im Vorlagefall, die für ein Versicherungsunternehmen von einem Dritten im Namen und für Rechnung des Versicherers erbracht werden, wobei der Dritte in keinem Rechtsverhältnis zum Versicherten steht, unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL fallen.
Entscheidung
Der EuGH hat unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung bestätigt, dass Versicherungsumsätze sich nach allgemeinem Verständnis dadurch auszeichnen, dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Der Begriff "Versicherungsumsätze" erfasst nicht nur die von den Versicherern selbst getätigten Umsätze, sondern ist grundsätzlich weit genug, um die Gewährung von Versicherungsschutz durch einen Steuerpflichtigen zu umfassen, der nicht selbst der Versicherer ist, der aber im Rahmen einer Gruppenversicherung seinen Kunden einen solchen Schutz durch Inanspruchnahme der Leistungen eines Versicherers verschafft, der die Deckung des versicherten Risikos übernimmt. Solche Umsätze setzen jedoch ihrem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, d. h. dem Versicherten, voraus.
Der EuGH stellt fest, dass die Klägerin selbst nicht gegenüber einem Versicherten verpflichtet ist, ihm gegenüber die Deckung eines Risikos zu übernehmen, und in keiner vertraglichen Beziehung zum Versicherten steht. Demnach kann die dem Versicherer erbrachte Dienstleistung der Schadensregulierung keinen Versicherungsumsatz i. S. v. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL darstellen, auch wenn die Schadensregulierung ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Versicherungsumsatzes ist, wenn die Tätigkeit wie im vorliegenden Fall die Feststellung der Verantwortlichkeit und der Schadenshöhe sowie die Entscheidung darüber umfasst, ob dem Versicherten eine Entschädigung gezahlt oder verweigert wird.
Weiter führt der EuGH aus, dass in Fällen wie denen des Ausgangsverfahrens die Steuerbefreiung für die Schadensregulieru...